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DFB und DFL

© dpa

Verbotene Sponsordeals: Der DFB wird durchsucht

Das Bundeskartellamt ermittelt gegen den Fußball-Verband und die Bundesliga. Der Vorwurf: Absprachen beim Sportsponsoring. Die Beschuldigten weisen die Verdächtigungen empört zurück.

Berlin - Die Überraschung war den Kriminalbeamten gelungen. Verdutzt öffneten ihnen Mitarbeiter des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) und der Deutschen Fußball-Liga (DFL) am Dienstagnachmittag die Türen zu ihren Büros in Frankfurt am Main. Das Bundeskartellamt hatte beim Amtsgericht Bonn einen Durchsuchungsbeschluss erwirkt und stellte nun mit Hilfe der Polizei Unterlagen sicher. Mit der Aktion soll dem Verdacht auf "wettbewerbsbeschränkende Absprachen" nachgegangen werden.

Fußball- Dachverband und Ligaverband wiesen die Vorwürfe zurück und nannten die Aktion unverhältnismäßig. DFB-Juristen prüfen rechtliche Schritte und Dienstaufsichtsbeschwerden. "Der DFB hält sich an die Gesetze", sagte Verbandspräsident Theo Zwanziger am Dienstagabend dem Tagesspiegel. "Das muss allerdings das Kartellamt auch tun. Wir werden das nun zu prüfen haben."

Anlass der Untersuchungen ist eine gemeinsame Arbeitsgruppe von DFB und DFL für Sponsoring. Sie tagt nach Angaben aus Verbandskreisen nur unregelmäßig und soll unter anderem abstimmen, wie Nationalspieler gleichzeitig für den Autopartner des DFB und auch für den ihres Vereins werben können. "Es handelt sich hier um Abstimmungen, um die Persönlichkeitsrechte von Spielern zu schützen", sagte Zwanziger, "aber es geht doch nicht um Absprachen, wer welche Sponsoren bekommt." Das Kartellamt dagegen erkennt in der Arbeitsgruppe ein so genanntes Kartellvehikel. Damit sind Unternehmen gemeint, die gegründet werden, um Kartelle zu organisieren und den Wettbewerb - in diesem Falle auf dem Markt des Sportsponsorings - auszuschalten.

"Wir haben recherchiert, dass das hier tatsächlich so ist", sagte Silke Kaul, Sprecherin des Kartellamts, auf Nachfrage. Zuletzt hatte das Bundeskartellamt die Büros von sieben führenden Süßwarenherstellen sowie 18 Mühlen durchsucht; dabei ging es um den Verdacht auf Preisabsprachen bei Schokolade und Mehl. Zudem mussten Hersteller von Duschgel und Zahncreme Bußgelder in Höhe von insgesamt 37 Millionen Euro zahlen. Sollte sich der Verdacht gegen die Fußballverbände bestätigen, drohen ihnen ebenfalls Strafgelder, und zwar von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes.

Eine Millionenstrafe für den DFB, der 2005 einen Jahresgewinn von 56 Millionen Euro auswies, wäre also nicht ausgeschlossen. Die Arbeitsgruppe Sponsoring von DFL und DFB war vor einem Jahr gegründet worden. Diese solle verhindern, "dass sich DFB und Liga auf dem Sponsorenmarkt ins Gehege kommen", ließ sich Zwanziger im April 2007 zitieren. Zuvor hatte Wolfgang Holzhäuser, Bayer Leverkusens Geschäftsführer und damals Ligapräsident, in "Sport-Bild" kritisiert, dass der DFB mit Leverkusens damaligen Hauptsponsor RWE über ein Engagement bei der Junioren-Nationalmannschaft verhandelte und so dem Klub Konkurrenz mache.

Der DFB brach nach den Protesten Holzhäusers die Gespräche mit RWE ab und kündigte die Gründung der Arbeitsgruppe an. Genau hierin könnte das Kartellamt einen Verstoß gegen den freien Wettbewerb sehen. Holzhäuser sagte gestern auf Nachfrage: "Ich denke, die Bildung einer Arbeitsgruppe ist noch keine Ordnungswidrigkeit." Sollte das Kartellamt aber Absprachen auf dem Sponsorenmarkt zwischen Vereinen, Liga und Dachverband beweisen können, wäre sie es doch. "Falls der DFB nicht begriffen hat, dass es sich um einen Verstoß gegen Wettbewerbsrecht handeln könnte, sollte er sich von seinen Anwälten aufklären lassen", sagte Silke Kaul vom Kartellamt.

Bei DFB und DFL herrschten gestern Empörung. "Dieser Vorfall ist für uns alle unfassbar", sagte DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach. Die DFL wollte sich nicht offiziell äußern. Das kann daran liegen, dass es die Liga noch auf anderen Feldern mit dem Bundeskartellamt zu tun hat. Derzeit prüft die Behörde eine Beschwerde des Bezahlsenders Premiere gegen die Zusammenarbeit der DFL mit der Kirch-Firma Sirius. Deren gemeinsames Unternehmen soll von 2009 bis 2015 die Bundesliga-Rechte vermarkten sowie das fertige Programm für Live-Spiele im Bezahlfernsehen produzieren.

Erst am Montag wurde publik, dass auch Bayern Münchens Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge beim Kartellamt vorstellig geworden ist, um über die Zentralvermarktung der Bundesliga zu sprechen. Rummenigge strebt eine Einzelvermarktung der Spiele an, was den Bayern erheblich höhere Einnahmen bringen würde, und wird dafür in der Bundesliga heftig kritisiert. Mit Rummenigges Besuch und dem Streit um die Fernsehvermarktung hätten die Durchsuchungen nichts zu tun. Darauf bestanden gestern Bundeskartellamt und DFB in seltener Einmütigkeit. (Tsp)

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