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Sport: Verdächtige Tore

Rot-Weiß Oberhausen wird Betrug vorgeworfen, doch der DFB ermittelt nicht

Kurz vor Weihnachten ist im Ruhrgebiet die Zeit der Enthüllungsgeschichten. Vor zwölf Monaten kamen die ersten Berichte über die wirtschaftliche Schieflage Borussia Dortmunds auf, diesmal geht es um einen möglichen Wettbetrug. Und mittendrin ist ein Verein aus dem Ruhrgebiet: Rot-Weiß Oberhausen.

Dreißig Jahre nach dem historischen Bundesligaskandal erregt der Zweitligist in diesen Tagen mehr Aufmerksamkeit, als es seine sportlichen Leistungen verdient hätten. Grund ist die jüngste Niederlage in Aue zum Abschluss der Vorrunde, die gewisse Indizien eines Wettbetrugs vorweist. Ein bislang unbewiesener Vorwurf, den der Klub heftig von sich weist.

Das Ergebnis als solches ist jedenfalls nicht überraschend: Der Tabellenneunte spielte daheim gegen den Dreizehnten und gewann 2:0. Allerdings stieg am Spieltag unter den Kunden verschiedener Wettbüros das Vertrauen in einen Sieg der Heimelf so nachhaltig, dass die Branche sich in Alarmbereitschaft versetzt sah. In England sollen sogar 500 000 Euro auf einen Sieg der Heimelf gesetzt worden sein. „Als Buchmacher weiß man, dass hier etwas nicht stimmt“, sagt Detlef Train, Geschäftsführer beim Salzburger Wettbüro Intertops. Nach 23 Jahren in diesem Geschäft spüre er so etwas. Im Normalfall setzen die Kunden in Deutschland 20 bis 30 Euro auf Sieg, Niederlage oder Unentschieden, 50 Euro gelten schon als Ausnahme. Auf einen Sieg der Auer setzten Glücksspieler an diesem Tag drei- und vierstellige Summen.

Die Wettbüros reagierten. Zunächst wurden nur, wie üblich, die Quoten gesenkt. Doch zwei Stunden vor dem Anpfiff nahmen sie das Spiel nach einer Alarmmeldung durch ein internationales Warnsystem im Internet, das durch signifikant sinkende Quoten in Gang gesetzt wird, vom Tippzettel. Die bis dahin getätigten Einsätze blieben gültig. So hat Intertops nach Angaben Trains 20 000 Euro verloren.

Rot-Weiß Oberhausen sieht die Sache als Fall für den Staatsanwalt. Der Verein reagierte empört auf den Vorwurf, das Spiel verschoben zu haben, und erstattete Strafanzeige gegen Unbekannt. „Damit bitten wir die Staatsanwaltschaft, Ermittlungen aufzunehmen und Licht ins Dunkel zu bringen. Sie kann in dieser Angelegenheit am besten ermitteln“, sagt Horst Klettke, der Rechtsanwalt, der die Interessen von Rot-Weiß Oberhausen vertritt. Nicht nur für RWO, sondern für den gesamten Fußball sei Aufklärung in diesem Fall von großer Bedeutung.

RWO ist auch deshalb in Verdacht geraten, weil die Niederlage in Aue durch zwei auffällige Fehler verursacht wurde. In der Anfangsphase köpfte Anthony Tieku den Ball – frei von jeder Bedrängnis – ins eigene Tor. „Das kann im Fußball schon mal vorkommen“, sagt er. Später zwang André Izepon Astorga einen Gegenspieler durch keineswegs verstecktes Ziehen am Trikot im eigenen Strafraum zu Boden – der Elfmeter führte zum zweiten Tor. Das mag seltsam erscheinen, entwickelt aber noch keine Beweiskraft. Der Deutsche Fußball-Bund jedenfalls sieht vorerst keinen Anlass einzugreifen.

Verantwortliche wie Spieler weisen Manipulationsvorwürfe ohnehin vehement zurück. „Das ist schlichtweg Rufmord“, sagt etwa Mittelfeldspieler Ralf Keidel. Angeblich haben die Profis, die den Misserfolg verursachten, in der Kabine sogar Tränen vergossen. Wie der Verein bekannt gab, haben Tieku und Astorga an Eides statt versichert, ihre Fehler nicht mit Absicht gemacht zu haben. Uwe Leonhard, der Präsident von Erzgebirge Aue, spricht von den „Fantasien Dritter über Oberhausen“, hält die Sache aber für erledigt. Allerdings hatte Oberhausens Manager Manfred Rummel diese Fantasien selbst beflügelt. „Ohne unsere Hilfe hätte Aue kein Tor geschossen“, hatte Rummel direkt nach dem Schlusspfiff des Spiels gesagt – ohne zu ahnen, wie dieser Satz später ausgelegt werden könnte.

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