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Sport: Verdammte Spannung

Die Fußballerinnen von Turbine Potsdam hadern, weil sie die Titel-Vorentscheidung verpasst haben.

Eigentlich wollte sich die Bundestrainerin gar nicht äußern. Als Silvia Neid dann doch noch ein paar Fragen zum Spitzenspiel der Frauenfußball-Bundesliga beantworten musste, versuchte sie es mit Diplomatie. „Ich bin ganz neutral“, sagte Neid zum 2:3 (2:0) von Tabellenführer Turbine Potsdam gegen seinen schärfsten Verfolger FCR Duisburg. Der Ausgang sei ihr einerlei gewesen, sagte Neid, sie habe vielmehr ihre zahlreichen Nationalspielerinnen auf dem Rasen des Babelsberger Karl-Liebknecht-Stadions begutachten wollen. Dann ließ sich die Bundestrainerin aber doch noch zu einer Wertung des Geschehens hinreißen: „Es ist für die Liga ein gutes Ergebnis.“

Tatsächlich hätten die Bundesligisten bei einem Potsdamer Sieg den Spielbetrieb nach zehn von 22 Spieltagen bereits so gut wie einstellen können. So aber verpasste es Turbine, acht Punkte Vorsprung zwischen sich und die Duisburgerinnen zu bringen, Vizemeister 1. FFC Frankfurt hat nach einem 0:1 beim VfL Wolfsburg auch so schon sechs Punkte Rückstand. „Hätten wir gewonnen, wäre die Meisterschaft wohl entschieden gewesen“, sagte Potsdams Trainer Bernd Schröder. Bis zum Halbzeitstand von 2:0 für die Gastgeberinnen sah es genau nach diesem Szenario aus, danach allerdings gelang Duisburg mit drei Toren noch eine erstaunliche Wende. „Es ist sehr ärgerlich, wie wir uns das Spiel haben aus der Hand nehmen lassen“, sagte Turbines Kapitänin Jennifer Zietz. „Beim Abschluss hat uns die letzte Entschlossenheit gefehlt.“ Auch Schröder richtete den Blick bei der Analyse der Niederlage eher auf die Offensive. „Wir haben das Spiel im Angriff verloren“, sagte der 69-Jährige. „Keine unserer drei Stürmerinnen hat Entlastung gebracht.“ Besonders Genoveva Anonma, mit 14 Treffern die bisher mit Abstand erfolgreichste Torschützin der Liga, hatte kaum Ballkontakte.

Bis auf ihr Abstaubertor zum 2:2 blieb Alexandra Popp auf der Gegenseite fast ebenso wirkungslos. Popp spielt im Nationaltrikot als Mittelstürmerin, von Duisburgs Trainer Marco Ketelaer wurde sie aber rätselhafterweise im linken Mittelfeld aufgeboten. Dafür ging Nationalmannschafts-Mittelfeldspielerin Simone Laudehr in der Schlussphase in die Spitze und bereitete kurz vor dem Abpfiff per Flanke das entscheidende 3:2 von Linda Bresonik vor. Für die überglückliche Bresonik war es ein perfekter Abschluss eines eigentlich schon verkorksten Spiels: Die 27-Jährige hatte per Eigentor zum 2:0 für Turbine getroffen und fast im Gegenzug einen Handelfmeter verschossen. „Heute waren die Fußballgötter mal für uns“, sagte sie nach dem Schlusspfiff grinsend. Kurz zuvor war Bresonik nach ihrem Tor von ihren Mitspielerinnen beinahe erdrückt worden: Nicht nur am überschwänglichen Jubel der Duisburgerinnen merkte man deutlich, mit wie viel Leidenschaft sie sich gegen das vorzeitige Aus im Titelkampf gestemmt hatten.

Auch Jennifer Zietz musste einräumen, dass Turbines Niederlage nicht nur schlechte Seiten hat. „Es ist immer besser, wenn die Liga spannend bleibt“, sagte Zietz, bevor sie missmutig in Richtung Kabine stapfte.

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