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Paralympics 2010 - Biathlon

© dpa

Verena Bentele: Absolutes Vertrauen

Die blinde Biathletin Verena Bentele muss sich auf der Strecke voll auf ihren Begleitläufer Thomas Friedrich verlassen können. Bei ihrem ersten Start in der 3-Kilometer-Verfolgung klappte die Zusammenarbeit perfekt.

Nach dem Sieg wollte Verena Bentele ihren Begleitläufer Thomas Friedrich gar nicht mehr loslassen – so gut tat die Umarmung nach dem Gewinn der Goldmedaille zu Beginn der Paralympics in Whistler, Kanada. Die blinde Biathletin aus Tettnang feierte am Samstag, am ersten Tag der Olympischen Spiele der Athleten mit Behinderungen ihren Sieg in der Verfolgung über drei Kilometer – obwohl sie drei Fehlschüsse hatte. Während des Laufs wurde sie frenetisch angefeuert. Es ist ihr achtes Paralympics-Gold.

„Klar freue ich mich über die Medaille“, sagt die Literaturstudentin, die wie ihr Bruder seit Geburt blind ist. „Aber ich bin nicht 100 Prozent zufrieden. Weil ich nicht zeigen konnte, wie stabil meine Leistungen beim Schießen übers Jahr geworden sind.“ Zu schnell abgedrückt? „Nein, daran hat es nicht gelegen“, sagt die 28-Jährige, die auch in den kanadischen Tageszeitungen als Paralympics-Star gefeiert wird. „Ich habe mir genügend Zeit gelassen.“ Auch der feuchte Schnee habe nicht gestört.

"Thomas und ich sind super eingespielt"

Verena Bentele war als Kind über einen Langlauf-Schnupperkurs zum Skisport gekommen. „Da fiel dann die Schule aus, das war mir damals lieber“, sagt sie mit einen Lächeln. Wie schießt sie, ohne sehen zu können? Wenn sie eine der Stationen erreicht, klopft ein Helfer laut auf den Boden: Hier hinlegen, bitte. Bentele setzt Kopfhörer auf, und der in immer kürzeren Abständen piepsende Ton zeigt ihr an, dass sie mit dem Gewehrlauf das Ziel dichter anvisiert. In der Lopie ruft ihr Begleitläufer Thomas Friedrich Hinweise zur Strecke zu. Das monotone „hopp, hopp“ bedeutet geradeaus. Auch Kurven, Abhänge, Hügel, alles muss er ansagen. „Thomas und ich sind super eingespielt“, sagt sie.

Für sie war das der alles entscheidende Punkt. Denn mit Friedrichs Vorgänger hatte es im Januar 2009 einen verhängnisvollen Zwischenfall gegeben. Er hatte beim Ansagen rechts und links verwechselt. So war sie von der Loipe abgekommen, einen Abhang runtergerast und schwer gestürzt, und es war unklar, ob sie überhaupt weitermachen könnte. Deshalb stand für sie fest: „Ich laufe nur noch mit jemandem, den ich menschlich so gut kenne, dass ich die Vertrauensbasis nicht erst neu schaffen muss.“ Und Friedrich kenne sie seit „einer halben Ewigkeit“. Der lief sechs Jahre mit ihrem blinden Bruder Michael und begleitete ihn bis zu den Paralympics in Turin 2006. Und vielleicht begleitet er sie jetzt zur nächsten Medaille. Am Montag bestreitet Bentele den 15 Kilometer-Langlauf. Auch in dieser Disziplin gehört sie zu den Besten.

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