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Vergabe der Winterspiele 2018: Welche Chancen hat München?

Heute fällt im südafrikanischen die Entscheidung, wer 2018 die Olympischen Winterspiele austrägt. München hofft auf den Zuschlag und fährt für die Präsentation vor dem IOC mächtig Prominenz auf.

Am Dienstag ist auch noch Franz Beckenbauer in Durban, Südafrika, eingetroffen. Bis zuletzt hatte die Bewerbungsgesellschaft für München 2018 seine Unterstützung bei der Präsentation vor der Vollversammlung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) geheim gehalten. Am Mittwochvormittag wird nun neben Bundespräsident Christian Wulff ein leibhaftiger Fußball-Kaiser für seine Geburtsstadt werben, ehe anschließend um kurz nach 17 Uhr die Winterolympiastadt 2018 gekürt wird. Außer München streiten Pyeongchang (Südkorea) und Annecy (Frankreich) um diese Ehre.

Lange lag München in den Prognosen auf Rang zwei – warum könnte die bayerische Landeshauptstadt trotzdem heute als Sieger hervorgehen?

Franz Beckenbauer könnte der Münchner Bewerbung bei der Präsentation die entscheidenden Stimmen bringen. Vielleicht auch nur als Bringer des Glücks, das er lebenslang gepachtet zu haben scheint. Exakt heute vor elf Jahren hat er als Bewerbungschef Deutschland zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 verholfen. Nun soll er es noch einmal machen. „Am Mittwoch liegt unser Schicksal in der Hand der Präsentation“, sagt Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer, der am Dienstag mit 150 Münchner Unterstützern in Durban angekommen ist. Beckenbauers Anwesenheit soll der Vollversammlung deutlich machen, dass es der gesamte deutsche Sport mit seiner Bewerbung sehr ernst meint. „Ganz Deutschland fiebert der Entscheidung entgegen“, sagt Bundespräsident Christian Wulff. Das stimmt freilich nicht ganz, die Wintersportbegeisterung nimmt in den nördlicheren Regionen ab. Auch tritt München 2018 bisher eher als bayerischer denn als deutscher Beitrag auf.

Doch die Münchner Bewerbung, lange von Negativschlagzeilen geprägt, hat in den letzten Monaten an Schwung gewonnen. „Wir haben uns kontinuierlich gesteigert, und die jüngsten Umfragen zeigen 80 Prozent Zustimmung“, sagt die ehemalige Eiskunstläuferin Katarina Witt, die als Kuratoriumsvorsitzende der Bewerbungsgesellschaft das Gesicht der Bewerbung ist. Das Olympiamagazin „Around The Rings“ sieht die Münchner am letzten Tag vor der Entscheidung sogar auf Platz eins. Womöglich hat es auch ins Kalkül gezogen, dass Bundespräsident Wulff und Thomas Bach, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), am Wochenende die Hochzeit in Monaco besucht haben. Dort dürfte Bräutigam und IOC-Mitglied Fürst Albert von Monaco andere Prioritäten gehabt haben, als über München 2018 zu sprechen, aber rund 50 weitere IOC-Mitglieder konnten die beiden Vertreter Deutschlands bei dieser Gelegenheit lobbyistisch bearbeiten. Die tatsächlichen Faktoren für die Entscheidung der IOC-Mitglieder liegen aber im Ungewissen, weil kaum jemand weiß, wie wichtig die Arbeit der hochbezahlten olympischen Spin-Doktoren einzuschätzen ist und welche Rolle Korruption spielt.

Mit welchen Besonderheiten im Konzept will München die IOC-Mitglieder überzeugen?

Das offizielle Motto lautet: „Die freundlichen Spiele.“ Die Münchner bauen auf ihr Know-how im Wintersport und die Begeisterungsfähigkeit der Bevölkerung. Beides konnten sie schon bei der Ski-Weltmeisterschaft im Februar in Garmisch-Partenkirchen unter Beweis stellen. Vor allem überzeugt das Zwei-Cluster-Konzept mit Eisveranstaltungen in München und Schneeveranstaltungen in Garmisch-Partenkirchen. Bobfahren, Rodeln und Skeleton werden auf der bestehenden Bahn in Königssee bei Berchtesgaden stattfinden. „75 Prozent der Wettkampfstätten gibt es bereits, 24 Prozent werden temporär gebaut, nur ein Prozent der Flächen für Sportstätten müssten dauerhaft neu gebaut werden“, sagt DOSB-Generalsekretär Michael Vesper, „das ist weniger als ein Fußballfeld“. Nur 1,3 Hektar Wald müssten für die Münchner Spiele fallen, in Pyeongchang wären es 94 Hektar. Das Nutzen vorhandener Ressourcen wirkt sich auch auf die Kosten aus. Mit 2,8 Milliarden Euro hat München das preiswerteste Konzept vorgelegt, Mitbewerber Pyeongchang müsste 6,7 Milliarden ausgeben.

Welche Rolle spielt der Widerstand der Olympia-Gegner?

Es ist ruhiger geworden in den letzten Monaten um die Olympia-Gegner. Das dürfte vor allem damit zusammenhängen, dass sie Anfang Mai in Garmisch-Partenkirchen den Bürgerentscheid knapp verloren haben. Rund 58 Prozent der Bürger der Marktgemeinde hatten für die Winterspiele votiert. Auch die Grünen hat das Münchner Nachhaltigkeitskonzept nicht überzeugen können. Die Parteibasis hatte grundsätzliche Bedenken gegen Wintersport in Zeiten des Klimawandels und fürchtete ein Verschwenden von Steuergeldern und Baumaßnahmen in Landschaftsschutzgebieten. Die Münchner Stadtratsfraktion der Grünen ist allerdings anderer Meinung. Nach der heutigen Entscheidung wird man sicherlich erneut etwas von den Olympiagegnern hören: Entweder weil der Zuschlag an München 2018 nicht nur die Grundstücksproblematik in Garmisch-Partenkirchen neu aufrollen wird. Oder weil sie jubeln.

Wie kommt die Entscheidung zustande?

Das Los hat entschieden, dass die Münchner Delegation als erste vor der Vollversammlung präsentieren muss. Ab 8.45 Uhr stehen Franz Beckenbauer, Christian Wulff und Katarina Witt eine Stunde lang in Durban auf der Bühne, dann folgen die Delegationen Annecys und Pyeongchangs. 15.35 Uhr beginnt die Wahl. Von den 110 IOC-Mitgliedern dürfen die jeweils zwei Vertreter aus den Bewerberländern Deutschland, Südkorea und Frankreich nicht mitstimmen. Weil weitere sechs IOC-Mitglieder fehlen und IOC-Präsident Jacques Rogge nur bei Gleichstand stimmberechtigt ist und sich der Schweizer Denis Oswald enthält, sind am Mittwoch insgesamt 96 Stimmen zu vergeben. Wer folglich im ersten oder zweiten Wahlgang 49 Stimmen erreicht, hat gewonnen – das wird kurz nach 17 Uhr sein.

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