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Sport: Verharren im Istzustand

Das 0:0 des VfB Stuttgart gegen Bayern lässt beide Klubs etwas ratlos zurück

Als Giovanni Trapattoni vom Podest stieg und zum x-ten Mal die Hände von Felix Magath geschüttelt hatte, sah er immer noch glücklich aus. Wie ein Großvater, der zur Weihnachtszeit alle seine Kinder und Enkelkinder am warmen Ofen versammelt hat und geherzt und umarmt wurde, was das Zeug hielt. Er schwärmte vom 0:0 gegen den deutschen Rekordmeister Bayern München und verstieg sich zu eigenwilligen Vergleichen. „Im Boxen wären wir vielleicht als Punktsieger hervorgegangen, aber im Fußball wird anders gewertet“, sagte der 66 Jahre alte Italiener. Und er mache sich keine Sorgen, weil er den Wunsch des Präsidenten Erwin Staudt nach zehn Punkten noch vor der Winterpause nicht erfüllen könne. „Nein“, sagte er, „wirklich nicht.“

Während die Stuttgarter nach einer Partie auf nicht besonders hohem Niveau zwischen Frust und gespielter Zufriedenheit pendelten, herrschte um die Vertreter der Aktiengesellschaft FC Bayern München drangvolle Enge. Nicht zuletzt deshalb, weil Manager Uli Hoeneß am Samstag nach eigener Aussage dem Klub sein Wort zu einer Vertragsverlängerung gegeben hat. So stand es in der „Stuttgarter Zeitung“. Nach den 90 Minuten beim VfB sah Hoeneß die eigene Personalie schon wieder als ziemlich belanglos an. „Das ist nicht so wichtig“, sagte er. „Wir geben bei Gelegenheit die Entscheidung bekannt, wenn die Verträge unterschrieben sind.“

Die Fußballer des FC Bayern hatten zuvor nicht die Kraft gefunden, den Erzrivalen aus Stuttgart an diesem Tag standesgemäß in die Schranken zu weisen, wie sie es in den vergangenen Jahren oft getan hatten. Das lag auch daran, dass ihr ehemaliger Trainer Trapattoni, jetzt beim VfB, ein glühender Verehrer des Sicherheitsfußballs ist. Selbst dann, wenn es gegen nur zehn Gegner geht wie am Samstag, als Sebastian Deisler in der 42. Minute nach einer Tätlichkeit gegen Ludovic Magnin die Rote Karte sah.

Deisler trug nachher den Gesichtsausdruck eines Sünders vor sich her. „Eine Dummheit, die so nicht passieren darf“, sagte er über seinen Platzverweis. Deislers Unbeherrschtheit muss an einer Art betriebsinterner Gereiztheit der Bayern gelegen haben. Auch Torwart Oliver Kahn sah Gelb, weil er völlig überzogen protestierte.

„Vielleicht haben wir zu schnell das Unentschieden akzeptiert“, sagte Michael Ballack, der seit dem 5. November erstmals wieder mitwirkte. Der Mann, der seit Wochen für Aufregung sorgt, weil er seinen Vertrag in München nicht verlängert und nicht erzählen will, wonach ihm der Sinn steht, sah viele „Ballverluste und Abspielfehler“, die man bis Mittwoch, wenn es in der Champions League gegen Brügge geht, abstellen müsse.

Selbst die sonst so streitlustige Bayern-Führung hielt sich mit Vorwürfen zurück. Hoeneß hatte den Oberen des VfB Stuttgart vorher noch vorgeworfen, sich nicht genug um Giovanni Trapattoni zu kümmern. Erwin Staudt beeilte sich derweil zu verkünden, er stünde hinter dem Trainer – ohne jeden Zweifel. Beide Klubs, so sah es aus, verharren im Istzustand, der keinen von den Sitzen riss. Am Ende des Tages, an dem Trapattoni so viele Hände schüttelte, war alles wie vorher. Die Schwaben sind keinen Schritt weiter und die Bayern weiter Tabellenführer. Nur Felix Magath hatte noch etwas auf dem Herzen. Er bat um Milde für Deisler: „Ich hoffe, dass ein Spieler, der nicht als Treter bekannt ist, für einen Fehler nicht so hart bestraft wird.“

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