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Sport: „Verlierer haben überall ein Problem“

Berti Vogts über seinen Trainerposten in Nigeria

Herr Vogts, Sie haben alle überrascht und in Nigeria als Nationaltrainer einen Vertrag unterschrieben?

Unterschrieben ist noch nichts, das werden wir Ende des Monats tun, wenn ich nach Nigeria fliege. Wir sind uns über einen Vertrag einig, der am 1. März 2007 beginnt und bis zur WM 2010 läuft. Die Nigerianer wollen, dass ich den Vertrag bei ihnen im Land unterschreibe.

Sie wollten doch nicht mehr Trainer sein, sondern lieber Sportdirektor?

Die Arbeit als Trainer habe ich nur für Deutschland ausgeschlossen. Nigeria betrachte ich als unheimliche Herausforderung. Die Arbeit mit einem Team mit so vielen starken Spielern ist für mich ein neues Erleben des Jobs. Wenn man das Team organisieren und außerhalb Strukturen aufbauen kann, haben wir eine Chance, uns für die WM zu qualifizieren.

Wie kommt Berti Vogts nach Nigeria?

Mit dem Flugzeug! Aber das haben Sie sicher nicht gemeint. Der Kontakt kam über einen früheren Spieler zustande, der bei mir in der U16 gespielt hat.

Die WM 2010 in Südafrika ist für afrikanische Länder ein besonderes Turnier.

Weil sie für den gesamten Kontinent eine solche Bedeutung hat, gehen viele afrikanische Topmannschaften wie die Elfenbeinküste und Nigeria mit deutschen Trainern oder anderen Europäern in die Vorbereitung. Jetzt ist es auch mein Traum, mit Nigeria in Südafrika zu spielen.

Sie waren Trainer für Kuwait und Schottland, Europameister mit Deutschland. Wie gut kennen Sie den afrikanischen Fußball?

Ich bin gut informiert über die Top-Nationen. Da sind nicht nur Nigeria, der Senegal, Ghana und die Elfenbeinküste, sondern auch Marokko, Afrikameister Ägypten, Tunesien, Südafrika und Mali als junge aufstrebende Nationen. Dass neben Südafrika nur fünf afrikanische Teams bei der WM spielen können, macht den Job schwierig. Das wird knüppelhart.

Aus Afrika wird regelmäßig über organisatorische Mängel berichtet, die auch die Arbeit von Trainern erschweren. Das schreckt Sie nicht ab?

Deshalb holt man mich ja. Ich soll neue Strukturen aufbauen. Neben der A-Mannschaft geht es auch um die Juniorenteams.

Und die erste große Aufgabe vor der WM-Qualifikation für 2010?

Das wird der Afrika-Cup 2008.

Ein schwaches Abschneiden beim Afrika- Cup kann zu größeren Problemen führen.

Sie glauben, das wäre ein afrikanisches Problem? Ich sage Ihnen, wenn Sie verlieren, haben Sie überall ein Problem.

Ihren Lebensmittelpunkt werden Sie aber nicht nach Afrika verlegen?

Die meisten Spieler sind in Europa beschäftigt, deshalb bleibe ich meist hier. Ich werde allerdings einen Ko- und Torwarttrainer mitnehmen.

Hand aufs Herz, Sie sind 60 und setzen sich noch einmal einem solchen Druck aus?

In einem gewissen Alter haben Sie mit Druck nichts mehr zu tun. Man sieht die Herausforderung und die Chance, eine Mannschaft zur WM 2010 zu führen.

Wo müssen Sie dort als Trainer ansetzen?

Fußball spielen muss ich denen nicht beibringen. Es geht um Organisation auf dem Platz, taktisches Verhalten – bei Ballverlust beispielsweise.

Mit der Sprache gibt es keine Probleme?

Englisch kann ich, seitdem ich in Schottland war, ganz gut. Schottisch war sicher schwieriger, als es Englisch in Afrika ist.

Wo steht Nigeria im afrikanischen Ranking und weltweit?

Man darf sich nicht vom Weltranglistenplatz neun blenden lassen. Nigeria hat sich nicht für die WM in Deutschland qualifiziert. Jetzt geht es nur um einen guten Afrika-Cup in Ghana 2008 und eine gute Auslosung für die WM-Qualifikation.

Das Gespräch führte Oliver Trust.

Berti Vogts, 60, wurde als Nationalspieler Welt- und Europameister, gewann als Bundestrainer die EM 1996. Zuletzt trainierte er die Nationalteams aus Kuwait und Schottland.

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