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Sport: Verschärfter Jugendkult

Bei den Eisbären muss der Nachwuchs ran

Berlin - Eines lässt sich Philip Anschutz nicht vorwerfen – dass der Eigner der Eisbären ein Mann für überhastete Entscheidungen ist. Seit 1999, seitdem dem Milliardär aus Denver der Eishockey-Klub aus Berlin gehört, war von einer Großarena für die Eisbären die Rede – mehr nicht. Von Multifunktionshallen in Hamburg und Mannheim etwa hat vor sieben Jahren noch niemand gesprochen. Im Unterschied zur Arena von Berlin haben sie ihre Eröffnungsfeier schon lange hinter sich. Allerdings ist der Bau der „O2 World“ am Berliner Ostbahnhof seit April nun tatsächlich offiziell beschlossene Sache, ja, ist sogar mit dem 13. September schon ein Termin für die Grundsteinlegung fix. In zwei Jahren soll sie fertig sein, dann können 15 500 Zuschauer die Heimspiele der Eisbären verfolgen. Zwei Jahre darf der zweimalige Deutsche Meister also noch vor 5000 eingefleischten Fans den Kultklub im Sportforum Hohenschönhausen geben. Oder ist es an der Zeit, sich auf den Umzug vorzubereiten?

Es erscheint nicht nötig, als Serienmeister umzuziehen, denn wie wollen sich die Eisbären denn dann im Buhlen um neue Anhänger in ihrer neuen Arena überbieten? „So zu denken, wäre Unsinn“, sagt ihr Trainer Pierre Pagé. „Wir wollen uns stetig verbessern. Wenn wir in die Arena umziehen, muss unsere Organisation weiter gewachsen sein, sich den neuen Anforderungen stellen können.“ Die Organisation stellt sich der Anforderung, den dritten Titel in Folge zu gewinnen, auf den ersten Blick mit einer nicht unbedingt konkurrenzfähigen Mannschaft. Hektik kam beim Verkünden prominenter Zugänge beim Meister in der Sommerpause nicht auf. Das unterschied ihn deutlich von der Konkurrenz in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL). Im Schatten des Erfolges lässt es sich anscheinend ganz in Ruhe planen. Bis auf den bald 33 Jahre alten US–Amerikaner Andy Roach haben die Berliner nicht einen erfahrenen Spieler verpflichtet, obwohl die Liste der Abgänge nach dem zweiten Titelgewinn so prominent wie lang ist.

Ersatz für die Starverteidiger Derrick Walser, Micki Dupont, für Torwart Tomas Pöpperle oder Stürmer Denis Pederson? Der soll vor allem aus den eigenen Reihen kommen, jung und deutsch sein. Wieder einmal, wie schon nach dem Gewinn des ersten Titels. Es ist wohl der Erfolg, der Peter John Lee geduldig werden ließ. Bislang lag der Manager mit seiner abwartenden Verpflichtungspolitik ja auch richtig: Schon seit Jahren entpuppten sich viele der Spieler, die Lee während der Saison verpflichte, als Glücksgriffe. In der zweiten Meistersaison waren es Torwart Pöpperle und Verteidiger Deron Quint, die die Eisbären während der Spielzeit maßgeblich verstärkten.

Es war letztlich in den Play-offs die Fraktion der erfahrenen Spieler, die für den Titelgewinn verantwortlich war – auch wenn mit Christoph Gawlik mit nur 18 Jahren ein Stürmer Leistungsträger beim Meister wurde. Manager Lee verlangt aber mehr: „Viele unser jungen Spieler haben bisher nur Nebenrollen gespielt“, sagt er. „Ich erwarte, dass sie künftig Hauptrollen übernehmen.“ Schönes Kino, sollten die Eisbären dann aber nach einer Niederlagenserie doch im falschen Film sein, dann wird sich Lee sicher etwas einfallen lassen – wie in der Vorsaison. Ab heute jedenfalls testen die Berliner ihr neues Team im Rahmen eines Turniers im finnischen Tampere. Im ersten Spiel der Saison treffen sie dort auf den russischen Spitzenklub Metallurg Magnitogorsk. Ernst wird es dann im ersten Punktspiel, am 8. September in Krefeld: Denn natürlich haben sie beim erfolgreichsten DEL-Klub der vergangenen Jahre den dritten Meistertitel in Serie im Kopf. Auch wenn Trainer Pagé sagt: „Nur wenn wir alle unsere sechs Abgänge entsprechend ersetzt hätten, wären wir jetzt der Favorit auf den Titel.“

Einen Vorteil haben die Berliner im Gegensatz zur Konkurrenz: Der Erfolgsdruck ist bei ihrer kleinen Halle geringer als in Mannheim oder Köln. Die Berliner können experimentieren, die Zuschauer kommen eigentlich immer. Die Situation, mit guten Leistungen eine Riesenarena füllen zu müssen, haben sie noch vor sich – in zwei Jahren, wenn die neue Großarena am Ostbahnhof fertiggestellt ist.

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