zum Hauptinhalt

Sport: VfB Stuttgart - Schalke 04: Tore und Vokabeln

Adhemar Ferreira Camargo Neto kennt keine Angst. Deutsch lernt er mit einer Begeisterung, als würde er pro Vokabel bezahlt.

Adhemar Ferreira Camargo Neto kennt keine Angst. Deutsch lernt er mit einer Begeisterung, als würde er pro Vokabel bezahlt. Er ist überhaupt eine unerschrockene Person. Dabei lernt er vieles kennen, was ihm seltsam vorkommt. Schnee, die deutsche Art Fußball zu spielen, weil die "nur grätschen und fürchterlich groß sind", und den schwäbischen Dialekt. Der kleine Mann aus Brasilien hat schnell gelernt, welche Rolle er in Stuttgart ausfüllen muss. "Eins, zwei, drei, vier, fünf" und "vielen Denk". Er lacht, kichert und prustet. Was ein Spaßvogel ist, darüber weiß er wenig. Aber das ist dem 28 Jahre alten Stürmer nicht wichtig. Wichtig ist, dass um ihn herum gute Laune herrscht. Das kommt bei einem Verein wie dem VfB Stuttgart, dessen neuer Sportdirektor Rolf Rüssmann den Klub kurzerhand zum therapiebedürftigen Patienten erklärte, gut an. Auf einen wie ihn haben sie gewartet.

Wenn er vor dem heutigen Pokalhalbfinale gegen Schalke 04 (20 Uhr 30, live im ZDF) von "seiner Mission" spricht und von "Gott, der mir Kraft gibt", hängt selbst Stuttgarts Präsident Manfred Haas an seinen Lippen. Wie schön. Und die Zweifel sind kurzerhand vergessen. Diese Zweifel: 22 Tore in 28 Spielen für seinen Klub São Caetano, gut und schön. Aber ein Mann aus Brasiliens zweiter Liga, im Winter? Trainer Ralf Rangnick überlegte lange. Nach drei Toren gegen Kaiserslautern sagt er: "Er trägt Sonne im Herzen." Ein Multitalent sei dieser Adhemar. Schnell, ausgestattet mit einem gewaltigen Schuss, Tordrang und der Gabe, den rechten und linken Fuß ohne Verletzungsgefahr einzusetzen. Sonst hätte er es kaum zum bekannten Schauspieler gebracht, der in brasilianischen Comedy-Serien als schlagfertiger Kellner auftritt. "Meinen harten Schuss habe ich seit der Jugend. Da lagen Medizinbälle herum, ich habe erst spät gemerkt, dass die fürs Krafttraining da sind", sagt er.

Adhemar, so schwärmen sie in Stuttgart, sei in vielerlei Hinsicht außergewöhnlich. Das fing im Trainingslager an, als der Zeugwart fast aufgab. Schuhgröße 37, etwas Kleineres hatten sie nicht mit. Der Ausrüster mußte eine Sonderanfertigung Größe 36,5 nähen und per Express schicken. "Den geben wir nicht mehr her", verkündete Präsident Haas in aller Eile. Selbst ein Haus hat man Adhemar schon besorgt. Wenn am Wochenende noch seine Familie aus Brasilien kommt, kann die all das kennen lernen, was der neue Sympathieträger des VfB Stuttgart schon weiß. Und das ist eine Menge.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false