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Wolfsburg

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VfL Wolfsburg: Meister? Wir nicht!

Wer sind die Meisterschaftskandidaten? Der FC Bayern, der HSV, Hoffenheim, die Hertha - der VfL Wolfsburg wehrt sich dagegen, zu den Titelanwärtern zu gehören. Dabei ist er das längst.

Von Karsten Doneck, dpa

Auch die letzten, schon von Mutlosigkeit begleiteten Angriffe des Hamburger SV verpufften. Geschickt verteidigte der VfL Wolfsburg seine Führung. Doch kaum war das Spiel vorbei, da musste der VfL noch einmal seine Abwehrmechanismen aktivieren – verbal allerdings nur. Von vielen Seiten wurde da auf Wolfsburgs Trainer Felix Magath eingeredet. Die Frage, um die sich alles drehte: Seine Mannschaft sei ja nun nach dem stolzen und rundum verdienten 3:1 (2:0)-Sieg beim HSV selbst in den Kreis der Titelanwärter vorgedrungen. Wie er, der Trainer, denn die Chancen beurteile, die Saison als Deutscher Meister abzuschließen. Da setzte Felix Magath dann nur eine Art altersmildes Lächeln auf und konterte: „Meisterschaft? Die ist in dieser Saison für uns noch zu weit weg.“ Und um weiterem Nachhaken in dieser Richtung aus dem Weg zu gehen, sprach er noch davon, dass Platz fünf nach wie vor das Ziel sei, und dann habe man doch schon viel erreicht.

In Wolfsburg, der als etwas trist geltenden Stadt mit ihren knapp 125 000 Einwohnern, reifen große Fußballträume offenbar langsamer als anderswo. Und dazu bedarf es mehr als eines 3:1-Siegs in Hamburg. Wer, so werden sie sich in Wolfsburg ohne jeden Anflug von Arroganz fragen, ist denn schon der HSV? Gegen den Nordrivalen hat der VfL in dieser Saison schließlich alle sechs Punkte geholt – bei einem Torverhältnis von 6:1. Und auch, dass der VfL inzwischen in der Bundesliga mit vier Siegen und einem Unentschieden die beste Elf der Rückrunde stellt, vernebelt niemandem den Blick. „Diese Bilanz ist schön, sagt aber nicht so viel aus, weil wir viele schwere Gegner noch gar nicht gehabt haben“, sagt Felix Magath. Gegen Bayern München, Hoffenheim, Leverkusen und Bremen müsse man schließlich erst noch antreten. Doch diese Rivalen kommen allesamt nach Wolfsburg, noch kein einziges Heimspiel hat der VfL in dieser Saison vor eigenem Publikum verloren.

Und allmählich kehrt der VfL, der während der Hinrunde kein Auswärtsspiel gewinnen konnte, auch in fremden Stadien seine Stärken hervor. „Wir haben hoch konzentriert gespielt“, sagte Verteidiger Marcel Schäfer nach dem Erfolg in Hamburg. Hohe Konzentration führt letztlich dazu, dass Magaths taktische Vorgaben punktgenau eingehalten werden. Disziplin, Kampfstärke, Kompaktheit – das sind die Tugenden, die den VfL Wolfsburg auszeichnen und ihn auf Platz vier der Bundesligatabelle geschwemmt haben. Und der Weg nach noch weiter oben scheint offen.

Längst hat sich der VfL Wolfsburg an Traditionsklubs wie Hannover 96 und Eintracht Braunschweig vorbei zur Nummer eins in Niedersachsen gemausert. Nun gilt es mit Unterstützung des ortsansässigen Autobauers die nächsten Schritte zu bewerkstelligen. „VW ist ein Weltunternehmen, das jetzt auch versucht, den Klub nach oben zu bringen“, sagt Magath, fordert aber noch Geduld.

Die Voraussetzungen, mit Wolfsburg Großes zu erreichen, sind günstig. Die Mannschaft spielt nicht unbedingt kunstvoll, sie bevorzugt eher das Handwerkliche, das jedoch mit Akribie und Leidenschaft. Und mit dem Brasilianer Grafite, der 16 Tage nach seiner Meniskusoperation in Hamburg als zweifacher Torschütze ein strahlendes Comeback feierte, sowie dem vom FK Teplice geholten Edin Dzeko verfügen die Wolfsburger über zwei Stürmer, die in dieser Saison 25 der 45 Wolfsburger Tore erzielt haben. VfL-Profi Christian Gentner schwärmt: „Mit Grafite und Dzeko haben wir das beste Sturmduo der Bundesliga.“

Trotzdem bleibt Magath in der Defensive. „Der HSV steht noch vor uns, er hat bessere Aussichten als wir“, sagte der Trainer nach dem Spiel in Hamburg. Nur einer wich dann doch von der „Meisterschaft? Nein danke“-Linie ab. Grafite gab zu: „Wenn wir so weitermachen, können wir vielleicht ganz vorne mit eingreifen.“ Er sprach’s in Portugiesisch, Übersetzungsfehler wirklich ausgeschlossen?

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