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Fest im Sattel. Michael Jung auf seinem Erfolgspferd Sam.

© dpa

Vielseitigkeitsreiter Michael Jung im Portrait: Im Stall ist es doch am schönsten

Olympiasieger Michael Jung ist der Vielseitigkeits-Star beim CHIO in Aachen – dabei ist der Doppel-Olympiasieger eigentlich am liebsten zu Hause bei seinen 30 Pferden.

Der Doppel-Olympiasieg von London liegt zwar mittlerweile zehn Monate zurück, doch die neuesten Auszeichnungen von Michael Jung sind noch ganz frisch. So wurden der Vielseitigkeitsreiter mit der sanften Stimme und sein Wallach Sam vor zwei Wochen von der Internationalen Vereinigung ihrer Branche in deren Hall of Fame berufen. Der 30-jährige Jung ist damit der jüngste Reiter, der diese Auszeichnung je erhalten hat – und als kleine Ergänzung zum neuen Ehrentitel trägt der gebürtige Bad Sodener beim CHIO in Aachen nun einen Button am Revers. Der macht ihn als Paten des Therapeutischen Reitens kenntlich.

Das passt zum heilen, sauberen Image der Jungschen Reitschule im Nordschwarzwald. Ein Lebenstraum, den sich die Familie vor drei Jahrzehnten erfüllte: Ein Häuschen mitten in der Natur, mit Pferden drum herum und Kindern, die in diesem Idyll aufwachsen. Der kleine Michael konnte noch nicht einmal laufen, da saß er schon mit Papa Joachim auf einem Pferd. Mit vier Jahren bekam er sein erstes Pony und sagt heute: „Ich wusste früh, dass ich einmal Reiter werden wollte.“

Zu Hause in Altheim trainiert Jung täglich mit zwölf verschiedenen Pferden, in den Boxen stehen insgesamt 30 Vierbeiner, von denen er die Kaderpferde Halunke und Sam mit in die Aachener Soers genommen hat. Am Freitag (Dressur, Springen) und Samstag (Gelände) startet er im Vielseitigkeitswettbewerb – und wird anschließend schnell wieder weg sein. Selbst bei Olympia, als er an seinem 30. Geburtstag binnen weniger Stunden Gold im Einzel und mit der Mannschaft holte, hielt es ihn nicht lange in Greenwich. Schon am nächsten Tag stand er wieder im heimischen Stall und erledigte pflichtbewusst die Arbeit, die sich in den drei Wochen seiner Abwesenheit angehäuft hatte.

Fleiß, Talent und die früh entfachte Liebe zu Pferden haben Michael Jung zum Star unter den Buschreitern gemacht. Mit Sam wurde er als erster Reiter überhaupt doppelter Europa- und Weltmeister und doppelter Olympiasieger. Das nächste große Ziel ist die Titelverteidigung bei der WM 2014 in der Normandie – und auf der heimischen Übungsschleife liegt ein Baumstamm mit dem Hinweis auf die Sommerspiele 2016 in Rio. Er stammt aus einem Wald, den der örtliche Bürgermeister Jung nach dessen Siegen in London vermacht hat. Mit der Erklärung, weitere sportliche Großtaten mögen nicht an fehlenden Hindernissen scheitern.

Doch Jungs Traumberuf hat auch seine Schattenseiten. Auf Turnieren wie in Aachen macht er sich schon mal Sorgen, jemand könnte seinen Pferden heimlich etwas ins Futter werfen. Oder das Erlebnis vor knapp zwei Wochen in Luhmühlen, als das Pferd King Artus seines französischen Kollegen Emeric George kurz nach einem Sturz eingeschläfert werden musste. „Da zuckt man innerlich zusammen, wenn man so etwas sieht“, sagt Jung.

Ein ähnlicher Schock ereilte ihn im Herbst 2010, als die damalige Mitbesitzerin von Sam das Wunderpferd einfach aus seinem Stall in Altheim mitnahm. Ein englischer Geschäftsmann sollte angeblich zwei Millionen Pfund für Sam geboten haben. Aus dem Verkauf wurde nichts, Jung reitet nach wie vor auf seinem Pferd und sagt, als würde er von einem Menschen sprechen: „In erster Linie ist es immer wichtig, dass wir uns gegenseitig ein gutes Gefühl geben.“

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