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Alles glänzt. Schwimmerin Kirsten Bruhn feiert ihre Gold- und Silbermedaillen beim "Berliner Abend" im "Deutschen Haus".

© Thilo Rückeis

Viermal Gold für deutsche Paralympioniken: Bruhn vergoldet ihren Abschied

Deutschlands Radlern starten mit Dreifach-Gold in die Straßenwettbewerbe. Schwimmerin Bruhn zieht mit ihrem Abschiedssieg nach. Nur ein Dopingfall trübt das Bild.

Gleich am ersten Tag der Straßenrennen haben die paralympischen Radsportler Brands Hatch in den Ausnahmezustand versetzt. Tobias Graf, Michael Teuber und Andrea Eskau gewannen das Zeitfahren auf dem ehemaligen Formel-1-Kurs Brands Hatch, dazu gab es dreimal Silber und einmal Bronze. Dem Jubelrausch schloss sich am Abend Schwimmerin Kirsten Bruhn an, die ihre Paradestrecke 100 Meter Brust überlegen gewann und damit bei ihrem letzten Paralympics-Rennen zum zweiten Mal Gold einheimste. „Das ist ein toller Schlusspunkt unter meine Karriere bei Paralympics“, sagte die 42-Jährige.

Niels Grunenberg und Torben Schmidtke gewannen Silber über die gleiche Strecke. Das Finale im Degen verlor Fechterin Simone Briese-Baetke mit 8:15 gegen Saysunee Jana aus Thailand. Nach seinem bisher erfolgreichsten Tag in London hat das deutsche Team bereits 13 Goldmedaillen auf dem Konto, allein am Mittwoch heimste es 15 mal Edelmetall ein.

„Für mich ist etwas Magisches passiert“, sagte Zanardi im Ziel, wo ihn Hunderte Journalisten umlagerten. Wie Graf und Teuber, die in ihren Klassen siegten, war auch der 2001 schwer verunglückte Italiener am Ziel seiner Träume. Die querschnittsgelähmte Eskau durfte nach ihrem Gold-Gewinn im Straßenrennen in Peking zum zweiten Mal auf die oberste Stufe eines paralympischen Podests.

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Dorothee Vieth als Zweite in der H4-Klasse, Bernd Jeffré als Dritter in der H3-Klasse und abschließend Hans-Peter Durst mit Silber sorgten sogar für sieben Radsport-Medaillen. Jeweils Leichtathletik-Bronze steuerten am Abend die Sprinterinnen Maria Seifert über 200 und Jana Schmidt über 100 Meter sowie Speerwerferin Martina Willing bei.

Wenige Stunden vor Zanardi hatten Graf und Teuber ihre Momente genossen, auf völlig unterschiedliche Art und Weise: Graf lag nach dem 16 Kilometer langen Zeitfahren völlig erschöpft auf dem Asphalt und konnte seinen Triumph kaum glauben. Auf Gold habe er „ein bisschen gehofft, aber nicht damit gerechnet“, sagte er.

Der sympathische Athlet der Behindertenklasse C2, der sein linkes Bein bei einem Unfall auf dem elterlichen Bauernhof verloren hatte, gewann schon auf der Bahn zwei Medaillen. „Ich habe mich eigentlich ziemlich platt gefühlt, bin aber einfach zur Zeit gut drauf.“ Für Teuber waren die Voraussetzungen komplett andere. Der Bayer hatte auf der Bahn nichts gewonnen und nach anhaltendem Streit mit dem Weltverband UCI sogar sein Karriereende im Oval verkündet. Die Erleichterung war groß, als er kurz vor dem Ziel den Arm in die Höhe reißen konnte. „Was für ein fantastisches Rennen“, sagte er mit schwarz-rot-goldener Flagge auf den Schultern. Noch an der Strecke hatte er Frau und Tochter umarmt.

Ein Dopingfall trübt das Bild

Großer Jubel blieb bei Mosandl aus: Kurz nach seinem Rennen erhob er schwere Vorwürfe gegen den Deutschen Behindertensportverband und Bundestrainer Patrick Kromer, der ihm jegliche Unterstützung durch Betreuer oder Mechaniker verwehrt habe. „Ich habe mich 50 Meter neben der deutschen Box warm gemacht. Niemand nahm meine Roller und mein Material mit“, sagte der Handbiker. Hintergrund sei die Entscheidung Mosandls gewesen, nicht im paralympischen Dorf zu wohnen, sondern sich stattdessen in Streckennähe vorzubereiten. „Der Bundestrainer haut mir nur Knüppel zwischen die Beine“, schimpfte der Oberpfälzer.

Zanardi hat noch weitere Starts geplant - sein großes Ziel, auf das er seit 2009 hinarbeitet, aber hat er erreicht. Der vor fast genau elf Jahren auf dem Lausitzring schwer verunglückte Sportler verwies den Oberpfälzer Mosandl auf Rang zwei. Nach Minuten bangen Wartens („Ich hatte Schmetterlinge im Bauch“) klopfte Zanardi seinem Rivalen anerkennend auf den Helm. „Aah, Norrrbert“, scherzte der 46-Jährige. „Das nächste Mal schlage ich dich“, entgegnete Mosandl, der seine erste Paralympics-Medaille holte, mit breitem Grinsen.

Allerdings wird sich dieser Wunsch nicht erfüllen. Zanardi hatte bereits im Vorfeld angekündigt, nach den Spielen in London seine Karriere im Handbike schon wieder zu beenden. Aber das fällt ihm schwer. Am Montag müsse er zunächst seiner Frau eine Woche lang „bei Frauensachen wie Shopping“ zur Seite stehen. Dann aber werde er sich eine neue Beschäftigung suchen, verkündete der Italiener. „Vor zwei Jahren habe ich mir diesen Horizont gesetzt“, erzählte Zanardi, „und jetzt bin ich schon ein bisschen traurig.“ Diese Traurigkeit werde aber auch vorübergehen.

Am späten Abend gewann Superstar Oscar Pistorius in seinem zweiten Finale die erste Goldmedaille. Mit der 4x100-Meter-Staffel stellte der Südafrikaner einen Weltrekord auf. Die Deutschen wurden Fünfter.

Zudem wurde der erste Dopingfall bekannt: Gewichtheber Bruno Pinheiro Carra aus Brasilien wurde vom Internationalen Paralympischen Komitee für neun Monate gesperrt. Vor Beginn der Spiele war er positiv auf das Abführmittel Hydrochlorothiazide getestet worden, das zur Verschleierung von Dopingsubstanzen dienen kann. (dpa/dapd)

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