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Die Ruhe in der Luft. Für Kamil Stoch spricht seine Erfahrung. Der Pole hat schon so manchen großen Wettkampf für sich entschieden. Foto: dpa/Kamann

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Vierschanzentournee: Bischofshofen: Zum Finale ein Duell

Daniel Andre Tande und Kamil Stoch kämpfen in Bischofshofen um den Tournee-Sieg. Der Deutsche Andreas Wellinger könnte beim Tournee-Abschluss für eine Überraschung sorgen.

Von Johannes Nedo

Das Abschalten hat Daniel Andre Tande perfektioniert. Als der Norweger am Mittwochabend in Innsbruck darauf wartete, dass die Pressekonferenz der besten drei Springer beginnt, legte er sich einfach auf den Boden. Tande streckte sich in voller Länge aus, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und ruhte ein paar Minuten, bis er dann endlich auf das Podest gehen konnte. „Skisprung-Wettbewerbe sind sehr anstrengend“, sagte er danach. „Es fühlt sich an, als wäre man mehrere Stunden gelaufen. Da muss man jede Gelegenheit nutzen, um sich auszuruhen.“

Für Tande, der nach seinen Siegen bei den Springen in Innsbruck und Garmisch-Partenkirchen nun die Gesamtwertung der Vierschanzentournee anführt, kommt es in der entscheidenden Phase darauf an, mit voller Energie in das vierte und letzte Springen an diesem Freitag in Bischofshofen (16.45 Uhr/ZDF und Eurosport) zu gehen.

Denn den Gesamtsieg bei der 65. Vierschanzentournee hat der 22-Jährige noch nicht sicher. Kamil Stoch kann ihm den noch streitig machen. Nur 1,7 Punkte liegt der Pole hinter Tande. Und so ist die Tournee bei ihrem Finale zu einem Duell geworden. Aus dem Kreis der Mitfavoriten sind manche Kandidaten wie der Slowene Domen Prevc und Severin Freund früh herausgefallen, zuletzt in Innsbruck dann auch der Österreicher Stefan Kraft. Auch Qualifikationssieger Andreas Wellinger, der am Donnerstag mit 144,5 Meter einen Schanzenrekord aufstellte, kann nicht mehr eingreifen. Übrig geblieben sind Tande und Stoch, die beiden derzeit besten Skispringer der Welt. Es wird ein enger Zweikampf. Auch Stoch ist in einer grandiosen Form.

In Innsbruck wurde der 29-Jährige Vierter, obwohl er im Probedurchgang gestürzt war und seinen linken Arm gar nicht mehr bewegen konnte. Noch am Mittwochabend ließ sich Stoch im Krankenhaus untersuchen und gab danach Entwarnung. Seine Schulter sei abgesehen von einem kleinen Hämatom okay, schrieb er auf seiner Facebookseite. Natürlich wolle er beim Wettkampf in Bischofshofen antreten. „Ich weiß genau, wofür ich kämpfe und was jetzt passieren muss“, sagt Stoch. Große Zuversicht verbreitet das gesamte polnische Team. Adam Malysz, der ehemalige Superstar der Polen und nun Sportdirektor der Skispringer, sieht Stoch im Duell mit Tande im Vorteil: „Eine seiner großen Stärken ist die perfekte Landung, die er setzen kann. Das bringt ihm immer extra hohe Punkte von der Jury.“ Der 39-Jährige betont zudem: „Er hat schon so viel erreicht und weiß, wie er mit dieser Situation umgehen muss. Kamil ist deutlich stabiler.“

„Stoch weiß einfach, wie man die großen Dinger gewinnt“

Den Faktor Erfahrung schätzt auch Bundestrainer Werner Schuster in diesem Tournee-Zweikampf hoch ein. „Stoch weiß einfach, wie man die großen Dinger gewinnt“, sagt der Österreicher. „Außerdem hat er extrem viel Kraft daraus gezogen, dass er aus seinem Tief wieder herausgekommen ist.“ Stoch, der 2014 Doppel-Olympiasieger wurde und dann noch den Gesamtweltcup gewann, kam in den zwei Jahren danach nicht mehr auf sein hohes Leistungsniveau.

Doch mit dem neuen Nationaltrainer der Polen, Stefan Horngacher, kehrte bei ihm auch das Selbstvertrauen zurück. „Ich glaube wieder an mich und daran, dass ich einer der Besten sein kann. Das ist das ganze Geheimnis“, sagt Stoch und zeigt danach sein Dauerlächeln. Zusätzlichen Druck vor dem letzten Springen verspüre er gar nicht.

Im Entspannen ist aber eben auch Tande weit vorne – nicht nur beim Schlummern an allen Orten. Auch beim Musikhören könne er bestens abschalten, sagt er. Weil er dann jedoch mitsinge und sich seine musikalischen Vorlieben in der erstaunlichen Spanne von Metallica bis Andrea Bocelli bewegen, seien seine Teamkollegen davon vielleicht genervt, sagt Tande. „Ich bin ein richtig schlechter Sänger.“

Diese Lockerheit beeindruckt auch Tandes Nationaltrainer Alexander Stöckl. „Er schaut sich die Dinge bewusst an und versucht, aus allen Bereichen viel mitzunehmen“, sagt er. So glaubt Tande etwa, dass ihm auch eine Balletttänzerin etwas für das Skispringen beibringen kann. „Bei der Balance und der Koordination kann ich da sicher etwas lernen.“

Weil Tande aber generell ein überragender Flieger ist, rechnet er sich in Bischofshofen einiges aus. Die Paul-Außerleitner-Schanze kommt diesen Fähigkeiten sehr entgegen. „Das ist die einzige der Tournee-Schanzen, auf der ich schon vorher gut war“, sagt Tande. Allerdings liegt Bischofshofen auch Stoch besonders. „Ich werde meine Chance auf jeden Fall nutzen“, sagt der Pole. Dieses Duell dürfte sich wohl erst beim letzten Sprung entscheiden.

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