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Schlierenzauer_Kofler

© Reuters

Vierschanzentournee: Eine Boyband sucht den Besten

Die Vierschanzentournee werden am Mittwoch die Österreicher Kofler und Schlierenzauer unter sich ausmachen.

Innsbruck - Am Montagmorgen ist Gregor Schlierenzauer in Bischofshofen mit einem dick überschminkten Fieberbläschen auf der Lippe zur Pressekonferenz erschienen. „Weil ich die ganze Nacht geschmust habe“, sagte der 19 Jahre alte Skispringer. Wer das nicht sofort als Scherz identifiziert, den informiert die österreichische Boulevardzeitung „Kronenzeitung“, wie es tatsächlich um den Teenager steht: „Unser heißester Single auf Brautschau.“

Dass sich Boulevardzeitungen um das Liebesleben ihrer Skispringer kümmern, kennt man in Deutschland noch aus Sven Hannawalds besten Zeiten. Es ist ein untrügliches Zeichen dafür, dass der Hype in einer Sportart seinem Höhepunkt entgegenstrebt. Tatsächlich dürfte das vierte Springen der Vierschanzentournee in Bischofshofen (16.30 Uhr, live in der ARD) ein Jubelfest werden, wie es das „Land der Adler“ („Kurier“) im Skispringen noch nicht erlebt hat. 25 000 Zuschauer werden am Fuße der Paul-Ausserleitner- Schanze erwartet, tausende dürften sich außerhalb der Absperrungen postieren. Die Disco-Meile inklusive Alkoholausschank auf der Hauptstraße Bischofshofens dürfte der Stimmung auch nicht gerade abträglich sein. Alle freuen sich, dass aller Wahrscheinlichkeit nach ein Österreicher die Vierschanzentournee gewinnen wird. Der Österreicher Wolfgang Loitzl, der Finne Janne Ahonen und der Schweizer Simon Ammann haben nur noch Außenseiterchancen. Nein, der Sieger der Tournee wird Andreas Kofler oder Gregor Schlierenzauer heißen.

Andreas Kofler führt mit 14,6 Punkten Vorsprung das Gesamtklassement der Vierschanzentournee an. Der 25-Jährige zehrt immer noch von seinem überlegenen Sieg beim ersten Springen in Oberstdorf. In Garmisch-Partenkirchen und Innsbruck kam er jeweils auf Rang vier. Beide Springen gewann sein schärfster Rivale. „Als Österreicher musst du dich schon fast darauf einstellen, gegen die eigenen Leute zu kämpfen“, sagt Kofler.

Wenn Gregor Schlierenzauer seinen Landsmann im Finalspringen tatsächlich noch überholen kann, hätte er die größte Aufholjagd in der Geschichte der Vierschanzentournee vollendet. 36,4 Punkte Rückstand hatte er in Oberstorf, als er mit Magen-Darm-Problemen nur auf Rang neun gesprungen war, mehr als die Hälfte hat er bereits aufgeholt. „Die Kinder lachen erst, wenn die Schule vorbei ist“, sagt er. Emotional schwebt der Weltcup-Führende ohnehin schon im Hoch, mit seinem ersten Sieg in Innsbruck hat sich der Tiroler einen Kindheitstraum erfüllt. „Mit dem Tourneesieg würde gleich der nächste folgen“, sagt Gregor Schlierenzauer.

Eigentlich gibt es nur zwei Punkte, welche die gewachsene Rivalität im österreichischen Lager unterstreichen. „Wir besprechen die einzelnen Sprünge nicht untereinander“, sagt Gregor Schlierenzauer. „Und wir versuchen, jetzt nicht dauernd zusammenzuhängen“, sagt Andreas Kofler. Ansonsten wirken die österreichischen Springer weiterhin wie eine harmonische Boyband. Womöglich ist das der Verdienst von Trainer Alexander Pointner, der durch zahlreiche teambildende Maßnahmen wie Karaokesingen im Teambus die Stimmung fördert.

Wer aber wird nun gewinnen? Der deutsche Bundestrainer Werner Schuster tippt auf Schlierenzauer. „Kofler ist am Verteidigen, er springt nicht mehr so locker“, sagt er. Eher gönnen würde er den Sieg allerdings dem Älteren, der in den vergangenen zwei Jahren ein sportliches Tief durchlebt hat. „Wie er sich hier hochgearbeitet hat, ist phantastisch“, sagt Schuster. Eigentlich auch eine schöne Geschichte für die Boulevardzeitungen. Benedikt Voigt

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