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Severin Freund zählt zu den Favoriten bei der Vierschanzentournee.

© dpa

Vierschanzentournee: Severin Freund sinnt auf Wiedergutmachung

Weltmeister Severin Freund will die Vierschanzentournee gewinnen. Damit das gelingt, hat sich Bundestrainer Werner Schuster in der Vorbereitung einen Trick einfallen lassen.

Von Johannes Nedo

Den ersten Spagat hat Severin Freund während der Weihnachtstage offensichtlich gemeistert. Einerseits wollte er gut essen und so wenig wie möglich an Skispringen denken. Andererseits wollte er mit Athletiktraining seine gute Form halten. „Ich habe ausgespannt – und ich fühle mich fit für das erste große Highlight des Winters“, sagt er nun. Überhaupt versucht der 27-Jährige derzeit vor allem eines: Er will zeigen, dass er absolut bereit ist für die Vierschanzentournee.

An diesem Montag beginnt die Qualifikation für das erste Springen in Oberstdorf (17.15 Uhr/ARD und Eurosport). Am Dienstag steht dann an der Schattenbergschanze der erste Wettkampf an (17.15 Uhr/ARD und Eurosport). Wenn Freund über den Auftakt in Oberstdorf spricht, fallen immer wieder Worte wie „emotional“ oder „Gänsehaut-Gefühl“. Doch so sehr er von der Tournee schwärmt, bislang passte es zwischen ihm und der Traditionsserie noch nicht. Sein bestes Resultat in der Gesamtwertung erreichte er 2011/2012 als Siebter. Danach wurde Freund immer wieder als Mitfavorit gehandelt, konnte die hohen Erwartungen jedoch nie erfüllen.

In diesem Jahr ist der Erfolgsdruck, der auf ihm lastet, noch größer. Schließlich hat Freund in der vergangenen Saison den Gesamtweltcup gewonnen und ist Weltmeister geworden. Das verschaffte ihm auch öffentlich deutlich mehr Aufmerksamkeit. Immerhin wurde er vor einer Woche bei der Wahl zum Sportler des Jahres Zweiter. Und so muss Freund während der Tournee einen weiteren Spagat meistern: Er muss die hohen Erwartungen erfüllen – seit 14 Jahren hat kein Deutscher mehr die Gesamtwertung gewonnen. Andererseits muss er auch seinen eigenen hohen Anspruch befriedigen. „Ich habe für mich selber noch etwas gutzumachen“, betont Freund.

Will er bei der Tournee triumphieren, wird er sich besonders gegen einen Konkurrenten durchsetzen müssen: Peter Prevc. Der Slowene ist derzeit in einer überragenden Form, er gewann die vergangenen drei Springen. Freund war ihm bei diesen Wettkämpfen stets klar unterlegen. Doch über den Rivalen will er keine großen Worte verlieren. „Ich glaube nicht, dass es den einen Favoriten gibt“, sagt Freund. „Die Erwartungshaltung ist ohnehin, dass wir gewinnen sollen, mehr Druck geht also nicht. Deshalb macht es keinen großen Unterschied, ob ich als Nummer eins oder zwei im Gesamtweltcup anreise.“ Nun, Freund ist derzeit die Nummer zwei, mit deutlichem Rückstand von 165 Punkten auf Prevc.

„Natürlich ist es sein Ziel, die Tournee zu gewinnen“

Bundestrainer Werner Schuster gibt sich deshalb größte Mühe, die Erwartungen etwas zu dämpfen. „Natürlich ist es sein Ziel, die Tournee zu gewinnen“, sagt der Österreicher über Freund. „Aber es wäre schon ein Erfolg, Zweiter oder Dritter zu werden.“ So strebt Schuster vor allem eines an: „Wir wollen mal zur Halbzeit aus Garmisch wegfahren und die Chance haben, um den Sieg mitzuspringen. Bisher hatte sich das Ding zu diesem Zeitpunkt immer erledigt.“ Außerdem ist der Bundestrainer überzeugt, dass sein bester Athlet mit der Favoritenrolle umzugehen weiß. Das habe er zuletzt bei den Weltmeisterschaften in Falun unter Beweis gestellt, betont der 46-Jährige. „Mit jedem Erfolg wird Severin stabiler, gelassener und klarer in seiner Vorgehensweise. Er ist absolut konkurrenzfähig und hat die Möglichkeit, ganz vorne zu landen.“

Der Schlüssel dafür ist laut Freund eigentlich ganz einfach: „Für mich wird wichtig sein, schnell von einer Schanze auf die andere umzuschalten.“ Damit diese Wechsel besser gelingen als in den vergangenen Jahren, hat sich Schuster im Sommer eine besondere Trainingseinheit einfallen lassen. Innerhalb weniger Tage absolvierte die deutsche Mannschaft eine interne Tournee auf allen vier Schanzen. „Ziel war es, sich möglichst schnell und unter Wettkampfbedingungen auf die individuellen Anforderungen der einzelnen Schanzen einzustellen“, sagt Schuster.

Freund sieht diese Tournee im Zeitraffer als „weiteren Mosaikstein“, um all die anstehenden Spagate zu meistern. Er ist davon überzeugt, alles getan zu haben. Er will es allen beweisen. So gibt Freund sich selbstbewusst, aber nicht überheblich. „Ich weiß, dass vieles aus dem Moment heraus passieren muss“, betont er. „Und dafür braucht man vor allem einen klaren Kopf.“ Den hat der ruhige Bayer zweifellos.

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