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Sport: Visionär trifft Realist

Die unterschiedlichen Methoden der Trainer Zach und Pagé

Berlin. Es war eine Begegnung der unerwarteten Art. Im November, in einer Spielpause beim Deutschland-Cup, trafen sich auf der Ehrentribüne der Preussag-Arena in Hannover Hans Zach und Pierre Pagé. Zufällig. An sich ist es nicht außergewöhnlich, dass zwei Trainer mal ein Schwätzchen halten. Erfahrungsaustausch halt. Zumal, wenn sie wie Zach und Pagé noch in derselben Klasse, der Deutschen Eishockey-Liga (DEL), beschäftigt sind. Doch besagte Szene fand mancher zum Schmunzeln. Etwa Peter John Lee, der das eifrig diskutierende Duo auf den blauen Polstersesseln der Tribüne beobachtete. „Da sitzen der Realist und der Visionär“, sagte der Eisbären-Manager.

Sicher, Lee hatte übertrieben. Und trotzdem, die Attribute, welche dem Kölner Trainer Zach und Eisbären-Coach Pagé oft verliehen werden, sind recht unterschiedlich. Disziplin-Fan Zach zeichnet sich durch eigensinnigen Humor aus, gibt schon mal zum besten, dass er der „einzige Bayer ist, der Wasser zur Schweinshaxe trinkt“. Und über Boris Blank, den Stürmer der Eisbären, hat der selbstbewusste Tölzer im Frühjahr bei der Weltmeisterschaft gegrantelt: „Wenn ich Boris sage, stell dich ins Tor, dann macht er das und hält auch die Scheiben. Denn nichts beflügelt den Menschen mehr, als frisch gewonnenes Selbstvertrauen.“ Eine Übertreibung, mit der Zach unbescheiden verdeutlichte, wer an Blanks Aufschwung Schuld war. Tatsächlich kam der Berliner unter Bundestrainer Zach besser zurecht als im Verein.

Eishockey vor 80 000 Zuschauern

Pagé hingegen gibt sich nach außen bescheiden und höflich, wird selten laut. Lange Jahre war der Kanadier in der nordamerikanischen Profiliga NHL aktiv, hat dort öffentliches, werbewirksames Auftreten gelernt. Pagés Vision, einmal im Berliner Olympiastadion ein Eishockeyspiel vor 80 000 Zuschauern zu organisieren, ist dem bodenständigen Tölzer Zach natürlich fremd.

Freilich, wenn es um die Arbeitsmethoden in der Kabine geht, sind die Philosophien der Herren Zach und Pagé nicht weit auseinander. Widerworte werden hinter verschlossener Tür weder in Berlin noch in Köln geduldet. Auf dem Eis aber ist alle Gemeinsamkeit der beiden Herren verflogen. Während Zach wegen des von ihm bevorzugten defensiven Spielstils schon mal als Eishockey-Verhinderer angeprangert wird, ist Pagé ein Freund offensiverer Gangart. Eine Taktik, die das Volk auf den Tribünen eher begeistert als die Spielweise Zachs. Beide Trainer haben allerdings Erfolg mit ihren unterschiedlichen Methoden, was ein Blick auf die Tabelle vor dem heutigen Spiel von Eisbären und Haien (19.30 Uhr, Sportforum Hohenschönhausen) offenbart: Die Kölner kommen als Tabellenführer zum Tabellenzweiten aus Berlin.

Die Haie versäumten am vergangenen Dienstag, ihren Vorsprung von nur einem Punkt auf die Eisbären auszubauen. Ausgerechnet gegen die Augsburger Panther durften über 11 000 Zuschauer in der Kölnarena bezeugen, wie der Meister mit 0:5 demontiert wurde. Hans Zach versuchte, das Geschehen zu bagatellisieren. „Wir haben hier schon so viele gute Spiele abgeliefert, da kann man auch schon mal schlecht spielen“, sagte der Trainer.

Nun gut, eine andere Erklärung hatte Zach parat. „Gegen defensiv starke Mannschaften mit guten Torhütern“ sei es eben schwierig. Eine wenig verklausulierte Kritik am eigenen Torhüter Leonard Wild, der nicht gut aussah. Wild war vor dem Spiel gegen Augsburg der am seltensten eingesetzte Ersatztorhüter in der DEL. Dafür, dass er ausgerechnet am Dienstag zum Einsatz kam, hat Pagé eine Erklärung. „Bei Hans Zach ist alles akribisch genau geplant“, sagt der Eisbären-Trainer. „Der hat sich schon vorher eine Entschuldigung gebastelt.“

Zach an Oliver Jonas interessiert

Dass Zach seit Jahren bei seinen Arbeitgebern Kassel und nun Köln keinem deutschen Torwart eine echte Chance gibt, ist ein dunkler Fleck in der heilen, deutschen Eishockey-Welt des Tölzers. In Köln steht fast nur der Amerikaner Chris Rogles im Tor. Und das, obwohl Zach doch überall das Protegieren von einheimischen Akteuren predigt.

Pagé hat mit Torwart Oliver Jonas und Stürmer Alexander Barta, der am Freitag zur U20-Weltmeisterschaft nach Kanada reist, zwei jungen deutschen Spielern den Weg in die Liga geebnet. Das ist nicht selbstverständlich für einen Trainer aus Kanada. Viele von Pagés Kollegen lassen sich in der DEL von kurzfristigem Erfolgsdenken leiten, anstatt sich mit der Förderung deutscher Talente aufzuhalten.

Pagés gute Arbeit mit dem Nachwuchs ist Zach nicht verborgen geblieben. Insofern überrascht nicht, was Pagé über die Begegnung in Hannover erzählt. Ging es um Realismus oder um Visionen? „Um vieles“, sagt Pagé. „Aber besonders um Oliver Jonas. Hans hat mich ausführlich nach ihm befragt. Ich glaube, er will fischen.“ Und zwar das größte deutsche Talent unter den Torhütern in der DEL. Schließlich hätte der Klubtrainer Zach mit dem deutschen Torhüter Jonas zwischen den Pfosten der Haie endlich den kritischen Bundestrainer Zach beruhigt.

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