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Frauennichtversteher. Guidetti hadert mit den Leistungen seiner Spielerinnen.

© dpa

Volleyball: Giovanni Guidetti: Fußgänger vor dem Abflug

Eigentlich hatten die deutschen Volleyballerinnen eine WM-Medaille angestrebt. Nach dem frühzeitigen WM-Aus stellt sich stattdessen die Frage nach der Zukunft von Volleyball-Bundestrainer Giovanni Guidetti.

Als das WM-Aus nach der vierten Pleite in Serie endgültig feststand, machte sich Giovanni Guidetti ganz allein zu Fuß auf den etwa fünf Kilometer langen Weg ins Hotel in Triest. Der angeschlagene Bundestrainer der deutschen Volleyballerinnen brauchte nach der neuerlichen Enttäuschung frische Luft und Zeit zum Nachdenken, wie es mit ihm und dem Team weitergehen soll. Statt der anvisierten ersten WM-Medaille der Geschichte droht nach der bisher desaströsen Bilanz von fünf Niederlagen in acht Spielen das schwächste Resultat seit 36 Jahren.

„Unser Problem ist der Angriff, der in engen Spielsituationen keine Lösung findet. Da fehlt uns einfach die nötige Konstanz, um Spiele zu gewinnen“, hatte Guidetti am vergangenen Donnerstag nach dem 2:3 gegen Japan gesagt. Der 3:0 (25:20, 25:15, 25:21)-Sieg am Sonnabend gegen Belgien und das Spiel an diesem Sonntag gegen Aserbaidschan (17 Uhr, live bei Sport1) sind dabei sportlich bedeutungslos. Für die Zeit nach der WM hatte Guidetti bereits selbst Konsequenzen angekündigt. Was der Italiener damit meinte, „das werde ich erst nach Ende der WM erklären. Es wird eine gründliche Analyse mit der Verbandsführung geben.“

Aus der Zentrale im fernen Frankfurt am Main kam in PR-Deutsch Rückendeckung vom Verbandschef. Nach der WM-Medaille der Männer hatte Thomas Krohne noch mit dem Team vor Ort gefeiert, diesmal stand nicht für ein Interview zur Verfügung. „Natürlich bin ich enttäuscht. Wir wollen bei der EM 2015 und bei den Olympischen Spielen 2016 wieder die DVV-Frauen von 2013 sehen: emotional, aggressiv und erfolgreich. Und, ganz klar und ohne Wenn und Aber, natürlich mit Giovanni Guidetti!“, ließ Krohne ausrichten. Die Frage ist aber vielmehr, ob der Weltklassetrainer Guidetti selbst seinen Vertrag bis 2016 erfüllen will.

In den acht Jahren seiner Amtszeit hat er mit den deutschen Volleyballerinnen eine Achterbahnfahrt zwischen zwei EM-Silbermedaillen und zwei verpassten Olympia-Qualifikationen erlebt. Diese WM ist zweifellos einer der größten Tiefpunkte seiner erfolgreichen Karriere, in der er unter anderem im vergangenen Jahr Vakifbank Istanbul zum Triumph in der Klub-Weltmeisterschaft und der europäischen Champions League führte.

Der emotionale Coach fragt sich, ob er der Mannschaft nach so langer Zeit noch die nötige Leidenschaft vermitteln kann, um das große Ziel Olympia 2016 zu erreichen. Fest steht, dass diesmal etwas Entscheidendes fehlte: Bei vier der fünf Niederlagen gewann die Mannschaft den ersten Satz nach überzeugender Leistung, brach dann aber ein. Bei Hauptangreiferin und Spielführerin Margareta Kozuch fehlte die Kraft – sie hatte sich bei einem Rucksackurlaub einen Virus eingefangen und mehrere Kilo Gewicht verloren. Aber auch andere Spielerinnen wie die erfahrenen Maren Brinker oder Heike Beier zeigten in Drucksituationen Nerven.

Genau wie die Leistung war auch der Teamspirit bei den Deutschen nicht so gut wie in den letzten Jahren. Es bildeten sich Grüppchen, und schon bevor das WM-Aus feststand, kümmerten sich einige Spielerinnen statt um ihre Leistung um die Rückflugtickets für kommenden Montag. Das ist etwas, was dem familiären Guidetti überhaupt nicht gefällt, deshalb dürfte dieses Ergebnis in jedem Fall personelle Konsequenzen haben – ob nun in der Mannschaft oder im Betreuerstab.

Lars Becker

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