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Sport: Vollwäsche für Nationalspieler

Das Wesen des Sports ist die Unterscheidung zwischen Siegern und Verlierern, aber dieses Prinzip lässt sich nur bedingt auf das normale Leben anwenden. Im wahren Leben gibt es manchmal auch zwei Sieger: zum Beispiel Michael Ballack, den Kapitän der Fußball-Nationalmannschaft, und Jürgen Klinsmann, ihren Trainer.

Das Wesen des Sports ist die Unterscheidung zwischen Siegern und Verlierern, aber dieses Prinzip lässt sich nur bedingt auf das normale Leben anwenden. Im wahren Leben gibt es manchmal auch zwei Sieger: zum Beispiel Michael Ballack, den Kapitän der Fußball-Nationalmannschaft, und Jürgen Klinsmann, ihren Trainer. Oder glaubt jemand, dass dem Bundestrainer das 2:2 gegen Japan besser gefallen hat als der 3:0-Sieg gegen Kolumbien?

Der Berufsanfänger Klinsmann steht immer noch unter einem gewissen Naivitätsverdacht, weil er seine Mannschaft offensiv spielen sehen will. Aber offensive Ausrichtung und defensive Stabilität sind kein Gegensatz. Wer offensiv spielen will, braucht defensive Sicherheit; wer etwas wagen will, muss sich darauf verlassen können, dass der gescheiterte Versuch, dass nicht jeder Ballverlust gleich das ganze System zum Einsturz bringt. Diese Gewissheit gab es im Spiel gegen Japan nicht. Das ist es, was Michael Ballack angemahnt hat, keine generelle Abkehr vom System.

Klinsmann hat der Nationalmannschaft eine offensiv ausgerichtete Verfassung gegeben, die praktische Ausführung aber ist in erster Linie Sache der Spieler. Die Schwächen gegen Japan waren nicht systemimmanent, sie entsprangen den Defiziten auf dem Platz. 180 Fehlpässe hat die sportliche Leitung in diesem Spiel gezählt, das sind zwei pro Spielminute. Bei solch zyklisch auftretenden Aussetzern stößt jedes System an seine Grenzen.

Die junge deutsche Nationalmannschaft neigt ein bisschen dazu, sich an sich selbst zu berauschen. Ein 7:0 gegen Luxemburg verleitet sie zu dem Wahn, auch Japan einfach überrennen zu wollen. Das Spiel gegen Kolumbien hat – bei aller Vorsicht angesichts der Qualität des Gegners – aber auch die erfreuliche Erkenntnis erbracht, dass die Nationalmannschaft über ausreichend Selbstreinigungskräfte verfügt. So ähnlich hat sie das auch beim Confed-Cup bewiesen, als dem harakirihaften 4:3 gegen Australien ein diszipliniertes 3:0 gegen Tunesien folgte. Das größte Problem der Deutschen bei der Weltmeisterschaft könnte sein, dass es ab dem Achtelfinale keine zweite Chance mehr gibt.

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