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Sport: Vom Arm geschüttelt

Wie das Protestbändchen in Peking verschwand

Erst war es der umstrittenste Sportartikel des Jahres. Aber als es darauf ankam, war er überhaupt nicht mehr zu sehen. Das Protestarmbändchen, ein Stück Plastik, zur Hälfte blau, zur Hälfte gelbgrün, hat in den Wochen vor den Olympischen Spielen in Peking Sportler und Sportpolitiker aufgeregt. Dürfen es die Athleten bei den Wettkämpfen in Peking tragen? Oder ist der Schriftzug „Sports for Human Rights“ eine verbotene politische Botschaft?

Das Bändchen wurde zum Symbol für den möglichen Protest der Athleten gegen Menschenrechtsverletzungen des chinesischen Regimes. Zum Streitfall darüber, wie viel Meinungsfreiheit in einem Stadion bei Olympischen Spielen herrschen darf und was politischer Protest ist. „Diese Bändchendebatte ist eine bloße Symboldiskussion, die kaum noch erträglich ist“, sagte Thomas Bach, Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komitees, zwei Wochen vor Beginn der Spiele. „Sie erreichen mit einer fundierten Stellungnahme in einer Pressekonferenz oder einem Interview sicherlich mehr als mit einem Armbändchen.“ Das Tragen der Bändchen in Wettkampfstätten entspreche jedenfalls nicht den Regeln.

Als sich die viermalige Ruder-Olympiasiegerin Kathrin Boron wenige Tage später neben Thomas Bach und Bundespräsident Horst Köhler im Garten von Schloss Bellevue stellvertretend für die deutschen Athleten nach Peking verabschiedete, da schlackerten an ihrem Handgelenk gleich zwei der blau-gelbgrünen Bändchen.

Es waren zwei von insgesamt 100 000 Symbolen, die vom Internetportal „Netzathleten“ vertrieben wurden. Hinter der Aktion steckt vor allem Stefan Pfannmöller. Der 28-Jährige hatte in Athen 2004 die olympische Bronzemedaille im Kanuslalom gewonnen. „Es war die größte Aktion zu diesem Thema, die weltweit geplant und umgesetzt wurde und sie war in der Summe super erfolgreich“, sagt er heute. Zumal ein Teil der Verkaufspreises von einem Euro der Organisation Amnesty International zugute komme. „Wir konnten auf das Thema Menschenrechte aufmerksam machen. Das hätte man als einfacher Bürger so gar nicht geschafft.“ Olympiateilnehmer seien eben in der Bevölkerung als Vorbilder angesehen.

Die Aufmerksamkeit brachte für ihn jedoch eine unerwünschte Nebenwirkung. Das chinesische Regime wollte ihm plötzlich kein Visum mehr geben. Pfannmöller wollte als Journalist für einige Internetseiten von den Spielen berichten. Erst nachdem sich unter anderem der Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes, Michael Vesper, für ihn eingesetzt hatte, durfte er nach China reisen. „Ich musste aber versprechen, dass ich politisch nichts plane.“ Daran habe er sich auch gehalten. In seinem Gepäck befanden sich zwar einige der Armbändchen, getragen hat er davon aber keins in Peking.

Auch die Athleten verzichteten in Peking auf das Bändchen. „Die Leute, die etwas bewirken konnten, also die Sportler, hatten die strengsten Auflagen“, erinnert sich Pfannmöller. Wie das Internationale Olympische Komitee das Tragen eines Protestbändchens bestraft hätte und ob überhaupt, darüber gibt es bis heute keine Gewissheit.

In Peking traf Stefan Pfannmöller nur einige Journalisten im Hotel mit dem Protest am Handgelenk. Ansonsten blieb das umstrittene Bändchen in Peking unsichtbar. Enttäuscht sei er nicht darüber. „Ich hatte da auch gar nicht so große Hoffnungen reingesetzt.“

Kürzlich ist ihm wieder jemand mit dem politischen Sportartikel über den Weg gelaufen, in der Mensa der Universität Augsburg. Dort hat Pfannmöller inzwischen sein Studium der Betriebswirtschaftslehre abgeschlossen. Pfannmöller kann sich vorstellen, noch einmal mit Sportlern eine Aktion zu planen. Diesmal nicht mit Bändchen für die Menschenrechte. Aber in irgendeiner anderen Form für den Klimaschutz.

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