zum Hauptinhalt
Der Mann mit dem roten Helm. Marcel Noebels bejubelt einen seiner zwei Treffer gegen Wolfsburg.

© Andreas Gora/Imago

Update

Vom Mitspieler zum Anführer der Eisbären Berlin: Marcel Noebels sorgt für einen Präzedenzfall

Viele Tore, viel Verantwortung: Marcel Noebels übernimmt bei den Eisbären eine tragende Rolle – und sorgt für eine richtungsweisende Entscheidung.

Es fehlte nicht viel. Eigentlich hatte Marcel Noebels alles richtig gemacht. Fast alles. Was nicht einfach ist im Penaltyschießen. Mit einer schönen Bewegung verlud der Angreifer der Eisbären Wolfsburgs Torwart Chet Pickard und schob den Puck ins Tor. Leider nur hatte er den Wolfsburger Schlussmann bei der Aktion wohl leicht berührt. Wenig später wurde der Treffer per Videobeweis aberkannt, kurz darauf gewannen die Grizzlys Wolfsburg das Spiel 6:5 nach Penaltyschießen

Am Montagabend entschied die DEL, dass so eine minimale Puckberührung des Torwarts künftig nicht mehr ausreicht, um auf kein Tor zu entscheiden. Das kommt natürlich zu spät für Noebels, der Treffer zählt auch im Nachhinein nicht. Aber immerhin hat er einen Präzedenzfall geschaffen.

Marcel Noebels ist der Mann mit dem roten Helm

Penaltyschießen ist im Eishockey hohe Kunst, Marcel Noebels beherrscht sie. Und nicht nur das, erstaunliche vier Tore hat er am Wochenende in den Spielen in Krefeld (4:1) und gegen Wolfsburg geschossen. Mit dem Fast-Siegtor vom Sonntag hätten es fünf Treffer sein können. „Natürlich war es ärgerlich, dass der Penalty nicht zählte“, sagte Noebels nach dem Spiel. Aber ganz ehrlich: „So wie wir gespielt haben, ging das schon in Ordnung.“

Das war ein typischer Noebels. Der große Mann vom Niederrhein ist ein fairer Sportsmann. Rhetorisch kann er schon mal ein paar intelligente Kringel drehen, aber unfair oder gar zu emotional wird das nie bei ihm. Er hat sich und sein Spiel im Griff und ist nun mit fast 28 Jahren im besten Eishockeyalter. Und er ist dabei, von einem starken Mitspieler zum Anführer zu werden bei den Eisbären. 

Seine exponierte Position ist inzwischen auch auf dem Eis sichtbar. Noebels trägt den roten Helm des Topscorers, ein etwas unsinniges Accessoire. Aber das hat die Deutsche Eishockey-Liga (DEL) auch nicht exklusiv, das gab es ja in Finnland schon vor 20 Jahren.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Dass es bei ihm in dieser Saison so gut läuft, verdanke er auch seinen Partnern in der Sturmreihe, James Sheppard und Leonhard Pföderl. „Natürlich spiele ich momentan mit viel Selbstvertrauen. Aber natürlich ist auch meine Reihe dafür verantwortlich, dass ich Erfolg habe.“

20 Punkte in 22 Spielen, darunter zehn Tore, hat Marcel Noebels in dieser Saison schon auf seiner Seite. Elf Tore waren bisher seine Saisonbestmarke in einer DEL-Hauptrunde, wohlgemerkt in 52 Spielen. Noebels hat, seitdem er in Berlin ist, abgesehen von der Saison 2016/2017 fast alle Spiele für seinen Klub bestritten. Als er damals verletzt fehlte, sagte der ehemalige Eisbären-Verteidiger Micki DuPont: „Uns fehlt unser bester Stürmer.“

Unter Trainer Serge Aubin ist Marcel Noebels gesetzt

Das schien seinerzeit noch etwas hochgegriffen, aber der erfahrene DuPont sah wohl das Potenzial, das Noebels heute ausspielt und jahrelang unter Trainer Uwe Krupp nicht ausspielen konnte. Der schickte den Angreifer nämlich eben oft in den entscheidenden Spielsituationen nicht aufs Eis, beim Powerplay sah er oft den Kollegen zu. Unter Trainer Serge Aubin heute undenkbar.

Er versteckt sich eben nicht, wenn es ernst im Spiel wird. Und in den Play-offs trifft er immer, im Nationalteam fühlt er sich in hinteren Sturmreihen wohl. Da sind andere die großen Stars, aber er spielt seine Nebenrolle gut. Bei den Olympischen Spielen 2018 schoss er im Viertelfinale das 2:0 gegen Schweden und half der Mannschaft bis ins Finale zu kommen. Er habe damals in Pyeongchang „sehr viel Selbstvertrauen getankt“, hat er einmal gesagt. 

Zählt nicht: Marcel Noebels' Penalty gegen Wolfsburg wurde nach Videobeweis nicht anerkannt.
Zählt nicht: Marcel Noebels' Penalty gegen Wolfsburg wurde nach Videobeweis nicht anerkannt.

© Andreas Gora/Imago

Gelernt hat er aber vor allem in Nordamerika, fünf Spielzeiten war Marcel Noebels dort unterwegs, hat es aber über die American Hockey-League (AHL) nicht hinaus gebracht. Die Philadelphia Flyers hatten sich einst die Rechte an dem Außen gesichert, den Traum von der NHL hat er noch im Hinterkopf.

Vor der vergangenen Saison war er bei den Boston Bruins im Trainingscamp, aber sie wollten ihn dann doch nicht. Vielleicht sieht es da nach dieser Saison schon besser aus, zugute könnte ihm aktuell kommen, dass wegen des groß aufspielenden Teenagers Lukas Reichel (aktuell drittbester Scorer der Eisbären) ohnehin schon von den Scouts der nordamerikanischen Profiliga auf die Eisbären geschaut wird.

Noebels spielt bereits in der sechsten Saison in Berlin. Es ist eine gute Karriere, die der Mann aus Toenisvorst da schon zum Teil hinter sich hat. Überhaupt ist es verwunderlich, wie viele erstklassige Eishockeyspieler vom Niederrhein kommen. Der ehemalige NHL-Star Christian Ehrhoff stammt aus Moers, der womöglich kommende NHL-Star Tim Stützle von den Adler Mannheim (Geburtsort Viersen) auch.

Am Niederrhein spielt es sich besonders gut

Alle drei haben mal in Krefeld gespielt. Vielleicht liegt es daran, dass es am Niederrhein so häufig regnet und daher Hallensport die beste Möglichkeit ist, um trocken zu bleiben. Wobei, dann wäre Borussia Mönchengladbach in der Fußball-Bundesliga wohl aktuell nicht so stark.

Marcel Noebels ist nicht Freund solcher Theorien, obwohl er schon ein wenig Lokalpatriotismus in sich trägt. Am Freitag geht es für die Eisbären mit dem Spiel gegen die Kölner Haie weiter, die sind wie die Berliner (aktuell Vierter) zur Zeit in guter Form (aktuell Sechster) und sicher ein Konkurrent für die Plätze im oberen Tabellenfeld.

Für einen Niederrheiner sei Köln „Feindesland“, hat Noebels schon mal gesagt. Diesmal hält er sich vor dem Spiel am Freitag zurück. Schlechte Dinge über Köln sagt er nicht. Oder doch: Würden ja andere schon machen, das mit den schlechten Dingen über Köln. Sagt er und schmunzelt.

Zur Startseite