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Sport: Vom Operationstisch ins Halbfinale

Einer-Ruderer Hacker überrascht bei der WM kurz nach seiner Verletzung mit einem souveränen Auftritt

Berlin - Auf den letzten Metern tauchte Marcel Hacker eigentlich nur noch locker die Skulls ins Wasser, aber viel Druck machte er nicht mehr. Weshalb auch? Er war Zweiter in diesem Viertelfinale, er hatte das Einer-Halbfinale bei der Ruder-WM in Bled souverän erreicht. Er sparte sich Kraft, die er schon am heutigen Donnerstag im Kampf um den Finaleinzug braucht.

Nicht schlecht, dieser Auftritt. Damit konnte man nicht unbedingt rechnen. Mitte Juli lag der 33-Jährige noch auf dem OP-Tisch, die Ärzte kümmerten sich um seine lädierte Bandscheibe, da wusste man ja nicht, wie schnell der Patient ein paar Wochen später sein würde. Andererseits war allein schon seine Nominierung für die WM ein gutes Zeichen. „Er ist beschwerdefrei und hat ansprechende Trainingsleistungen gezeigt“, sagte der deutsche Cheftrainer Hartmut Buschbacher. „Wir wollen ihn in diesem Kreis ja nicht vorführen.“ Das hätte sich Marcel Hacker auch verbeten. Er ist Weltmeister, Vizeweltmeister, er gab jahrelang den Macho, der seinen Bizeps küsst und mit nacktem Oberkörper über den Sattelplatz stolziert, um jüngere Gegner zu beeindrucken. Aber den Marcel Hacker, der sich als fast unerträgliches Großmaul inszenierte, den gibt es in dieser Form nicht mehr. Er hat bittere Niederlagen hinter sich, Olympia-Pleiten, er ist in den Doppel-Vierer regelrecht geflüchtet, dann wieder in den Einer umgestiegen, er hat ein Kind bekommen und wird heiraten. Jetzt sagt er: „Ich muss nicht mehr gewinnen, ich darf.“

Das alles macht ihn gelassener. 2011 hat er zwar nur ein Weltcup-Rennen bestritten, aber national ist er klar die Nummer eins. Weder der Magdeburger Mathias Rocher, der bei der WM 2009 noch Einer gefahren ist, noch der Berliner Hubert Trzybinski konnten ihn gefährden.

Im vergangenen Jahr hatte er die Saison noch vor der WM beendet, weil ihn eine Verletzung plagte, vor allem aber, weil die Geburt seines Sohnes bevorstand. Aber da gibt es immer noch das große Ziel: Marcel Hacker möchte Olympiasieger werden. Gold in London, das wäre eine ganz besondere Befriedigung. Gerade bei Olympia hatte er seine bittersten Niederlagen erlitten.

Doch die Bandscheibenprobleme gefährdeten die Pläne. Bei der WM muss sich ein Verband ja auch Olympiaplätze sichern. Also musste Hacker sich die WM-Präsenz quasi erzwingen. Deshalb joggte er schon vier Tage nach der OP, und eine Woche später saß er wieder im Boot. Um den Olympiaplatz zu sichern, muss er nun in Bled unter die besten elf Ruderer kommen. Hacker ist zwar ruhiger als früher, aber sein Ehrgeiz ist noch groß genug, um einen Spruch rauszuhauen. Vor der WM verkündete er: „Entweder der Rücken hält, oder es knallt richtig.“ Frank Bachner

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