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Sport: Vom Training zur Schule

Volleys-Gegner Moers ist ein besonderer Verein mit einem kleinen Problem.

Berlin - Steven Keir ist ein netter Kerl; aufgeschlossen, freundlich, verheiratet mit einer Frau aus Freiburg, angehender Jurist via Fernstudium. Günter Krivec würde den Australier gerne beim Moerser SC behalten. Das ist nett von dem Präsidenten des Volleyball-Bundesligisten. Keir hat nämlich einen kleinen Nachteil. „In der Annahme ist er eine Katastrophe.“ Krivec sagt das mit leisem Bedauern über den Außenangreifer, er ist nämlich schuld daran, dass Keir überhaupt in Moers spielt. „Ich habe ihn als Außenangreifer geholt, aber da habe ich mich verhauen.“ Keir ist stark als Diagonalangreifer, doch das hat Krivec zu spät bemerkt. In Moers haben sie nämlich schon zwei Diagonalangreifer.

Wenn Keir in der Annahme steht, „dann werden wir auseinandergenommen“, sagt Krivec, diesmal schon mit größerem Bedauern. „Die Gegner schlagen natürlich immer auf Steve auf.“ Die BR Volleys zum Beispiel, die sind heute in ihrem letzten Spiel vor den Play-offs Gegner von Moers (19.30 Uhr, Schmeling-Halle). Das Hinspiel haben die Volleys allerdings 2:3 verloren, Moers hat schließlich durchaus großes Potenzial, das Team steht ja nicht ohne Grund auf Rang vier.

„Aber wir haben zu viele Brüche in den Spielen“, sagt Krivec. Er denkt da an ein paar unerwartete Niederlagen, aber auch ans Heimspiel gegen Gotha. Moers führte bereits 2:0. Doch dann wechselte Trainer Chang Cheng Liu ausgerechnet Keir ein, Moers gewann nur mit Mühe 3:2. Warum Keir? „Weil Liu ein exzellenter Trainer, aber ein grottenschlechter Coach ist“, sagt Krivec.

So ist er, der Präsident, Sponsor, Jugendtrainer und Inhaber einer der größten Apotheken Deutschlands. Der Patriarch des Moerser SC. Aber Krivec hat Moers auch eine besondere Philosophie gegeben, einen sehr sozialen Touch. Er will Keir ja nicht ohne Grund halten. Der Australier spricht perfekt Deutsch, er ist oft an Schulen in Moers und gibt Sportunterricht oder redet mit den Schülern. Solche Auftritte fordert Krivec zumindest von jedem deutschen Spieler in seinem Kader. Wer von den Ausländern möchte, ist herzlich eingeladen. Jeder deutsche Spieler muss auch zugleich eine Lehre absolvieren oder studieren. Nur Sport, als Profi, das lässt der Boss nicht zu.

Er hat vor 25 Jahren die Volleyball-Abteilung aufgebaut, er bewahrte den Verein mit einer Millionenbürgschaft vor der Pleite, also nimmt er sich auch die Chefrolle raus. Keirs Verpflichtung musste er nicht mal gegen einen widerborstigen Trainer durchdrücken. Coach Liu hatte Krivec schon deshalb still zugeschaut, „weil ich für ihn der Chef bin“. Der Chef darf durch Widerworte nicht das Gesicht verlieren, Liu ist Chinese. „Er hat diese asiatische Mentalität“, sagt der Chef. Davon aber mal abgesehen: Was hätte Liu denn auch gegen Keir einwenden können? „Von einem Teil des Spielermarkts hat er keine Ahnung“, sagt Krivec.

Weil der Chef aber mitunter erkennbar auch nicht viel besser informiert ist, sind Moers’ Ansprüche in dieser Saison nicht zu ausgeprägt. Dafür ist die Mannschaft zu instabil. „Mit dem vierten Platz sind wir zufrieden“, sagt Krivec großzügig. Und was Keir betrifft, der hat schon auch seine Stärken: „In den Schulen“, sagt sein Boss, „ist er für uns der wertvollste Mann.“

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