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Sport: Vom Weltstar zum Spekulationsobjekt

Dass Ruud van Nistelrooy auf dem Transfermarkt ist, ist die Folge einer persönlichen Auseinandersetzung mit Alex Ferguson

Kurz nach zehn war am Donnerstagmorgen die Verwirrung perfekt. Ruud van Nistelrooy war in Manchester brav zum Training erschienen, dabei hatten ihn spanische Radiostationen und die Zeitung „AS“ bereits als Neuverpflichtung in Madrid angekündigt. Auf 15 Millionen Euro habe sich Real mit Manchester geeinigt, hieß es. Merkwürdig, am Abend zuvor hatte Alex Ferguson genau diese Summe als nicht ausreichend abgelehnt, nur um „two bob“ hätten die Spanier ihr erstes Gebot von 14 Millionen erhöht, grantelte der Schotte. „Two bob“ ist Umgangssprache für zwei Schilling. „Wir kennen seinen wahren Wert“, sagte Alex Ferguson, auch Bayern Münchens 17-Millionen-Euro-Offerte sei weit weg davon. 22 Millionen Euro würde ManU am liebsten bekommen, zumindest 20. Am Donnerstag schaltete sich auch noch Tottenham in den Poker ein. Der Ausgang dieser Saga scheint weiter offen.

Allein wie es dazu kam, dass van Nistelrooy zum Spekulationsobjekt wurde, gilt mittlerweile als gesichert. Der 30-Jährige hat sich gründlich mit Ferguson überworfen. Es fing alles im Februar an: Manchester United liegt in Liverpool kurz vor Schluss mit 0:1 in Rückstand. Ein letzter Steilpass findet van Nistelrooy in der Spitze nicht. Er setzt nicht nach, er dreht ab. An der Linie geht Ferguson vor Wut in die Luft. Sir Alex verzeiht mangelnden Einsatz nicht. Die kleine, an sich unbedeutende Szene von van Nistelrooy bleibt ihm im Gedächtnis.

Acht Tage später muss Uniteds erfolgreichster Torschütze der Neuzeit im Ligapokalfinale gegen Wigan von der Bank aus zusehen. Trotz des 4:0-Siegs seiner Mannschaft kommt dem Holländer kein Lächeln über die Lippen, auch nicht auf dem Siegerpodest. In den nächsten vier Spielen wird er dreimal spät eingewechselt. Van Nistelrooy macht noch zwei Tore, dann kommt es vor dem letzten Saisonspiel gegen Charlton zum Eklat. Der Stürmer steht nicht im Kader. Drei Stunden vor dem Anpfiff reist er unerlaubt ab und fliegt nach Hause. „Unter der Woche sind ein paar Dinge vorgefallen, die den Teamgeist betreffen, deswegen war Ruud heute nicht dabei“, erklärt Ferguson. Bald kommt heraus, dass van Nistelrooy im Training mit Cristiano Ronaldo aneinander geraten war. Er hat sich oft beschwert, dass der 21-Jährige gerne den letzten Grashalm umdribbelt, anstatt nach innen zu flanken. Die beiden stritten sich, der Holländer rief Ronaldo hinterher: „Geh doch zu deinem Papa!“ Damit meinte er Kotrainer Carlos Queiroz, der seinen Landsmann protegiert. Doch der Junge verstand van Nistelrooy falsch. Sein Vater ist kürzlich gestorben.

Van Nistelrooy muss gehen. In 219 Spielen hat er 150 Tore erzielt. Ganz Europa müsste sich im Grunde um seine Dienste streiten. Die Frage, die sich viele Vereine stellen, ist, ob der 30-Jährige seine besten Tage nicht schon hinter sich hat. 2004/05 fiel van Nistelrooy lange aus, nach seiner Achillessehnenverletzung schien er ein wenig Antrittsschnelligkeit verloren zu haben; in der vergangenen Saison war er trotz 19 Treffern kein Stammspieler. Der Eindruck täuscht jedoch. Van Nistelrooy ist nicht schlechter geworden, er litt nur am stärksten unter der stetig abnehmenden Qualität des Kaders. Im Fußballlexikon müsste unter „Strafraumspieler“ ein Bild von ihm stehen, denn von 150 Toren hat er tatsächlich nur ein einziges von außerhalb des Sechzehners erzielt. Er lebt von den Flanken, für Konter ist er nicht zu gebrauchen. Seine Mannschaft muss dominant spielen und das Mittelfeld kontrollieren; genau dies gelingt United Jahr für Jahr weniger gut. Van Nistelrooy zahlte als letztes Glied in der Kette nur den Preis.

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