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Sport: Von oben herab

Walujew boxt gegen den viel kleineren Tschagajew

Stuttgart - Für den Riesen kann der Kleine lästig werden. Schließlich muss er ihn doch unter seinen Achselhöhlen suchen. Ein Gefecht aus verschiedenen Höhen: Hier herabblicken und nach unten schlagen, dort hinaufschauen und nach oben hauen. Wenn der Russe Nikolai Walujew (33 Jahre alt) an diesem Samstag in Stuttgart zur Pflichtverteidigung des Verbandes WBA gegen den ebenfalls unbesiegten Usbeken Ruslan Tschagajew (28 Jahre) antritt, ist dieser Weltmeisterschaftskampf (22.40 Uhr, live in der ARD), gemessen an den physischen Voraussetzungen, eine höchst ungleiche Angelegenheit.

Walujew (47 Kämpfe, 46 Siege) ist mit 2,13 Metern und an die 150 Kilo 27 Zentimeter größer und rund 45 Kilo schwerer als Tschagajew (23 Kämpfe, 22 Siege). Das ist ein Gewichtsunterschied, als würde ein Strohgewicht (Limit 47,6 kg) im Schwergewicht (über 90,7 kg) kämpfen. Michael Timm, Tschagajews Trainer, hat sich einmal auf ein angemessenes Podest gestellt, um aus 2,13 Metern Höhe auf seinen Schützling herabzuschauen. Die Erkenntnis: „Es sieht alles ziemlich anders aus von da oben.“ Tschagajew, 1,86 Meter groß, gibt sich aber gelassen, als würde ihn die Größe Walujews nicht stören. Auf die Größe des Herzens komme es an, sagt der Mann aus Usbekistan.

Der Kampf ist bereits die dritte WM aller Klassen unter deutscher Regie im deutschsprachigen Raum innerhalb von nur drei Monaten: Walujew gegen Jameel McCline am 20. Januar in Basel, Wladimir Klitschko gegen Ray Austin am 10. März in Mannheim und nun schon wieder diese Attraktion: Die Häufigkeit der Kämpfe hat mit der Inflation an Drei-Buchstaben-Titeln zu tun. Schließlich sind Wladimir Klitschko (IBF), Oleg Maskajew (WBC), Walujew (WBA) und Shannon Briggs (WBO) – salopp gesprochen – nur zu einem Viertel Champions.

Don King, der schrille Herr mit der Starkstromfrisur, mächtigster Impresario der Szene, kassiert an Walujews Auftritten zur Hälfte mit. Die beiden deutschen Boxunternehmen Sauerland Event (Berlin) und Universum (Hamburg) haben geschickt das Vakuum im amerikanischen Schwergewicht genutzt, mit den Schülern aus der alten Sowjetunion die Szene aufgemischt und letztlich erobert. Walujew, der Riese aus St.Petersburg, muss nun gewinnen, damit es zum „Showdown“ mit Wladimir Klitschko kommt. Wieder so ein angeblicher „Jahrhundertkampf“ – der erste ohne die USA.

Hartmut Scherzer

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