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Sport: Vor dem großen Wurf

Der deutsche Handball erlebt vor der WM eine Renaissance

Berlin. Der größte Erfolg des deutschen Handballs liegt lange zurück. Vor einem Vierteljahrhundert war es, damals in Kopenhagen, als Joachim Deckarm, Heiner Brand und Kollegen unter Bundestrainer Vlado Stenzel mit 20:19 gegen die hochfavorisierte Sowjetunion siegten und Weltmeister wurden. Dieser Erfolg war der Beginn eines Aufschwungs im deutschen Handball. Die Zuschauerzahlen in der Bundesliga stiegen, die Mitgliederzahlen in den Vereinen gingen sprunghaft in die Höhe.

Das war einmal. 25 Jahre später ist die Aufbruchstimmung von 1978 längst Geschichte. Wenn am Montag die Handball- WM in Portugal beginnt, können die Spieler der deutschen Mannschaft von einem solch breiten öffentlichen Interesse nur träumen. Dabei ist zurzeit ein Aufwärtstrend im deutschen Handball unverkennbar. Das letzte Testspiel vor der WM etwa gewann das Team am Freitagabend klar mit 34:27 (19:12) gegen Russland.

Für Fynn Holpert, Manager von Bundesligist TBV Lemgo, wird die Sportart „momentan von einer euphorischen Stimmung getragen“. Holpert verweist auf die positive Zuschauerentwicklung in der Bundesliga und den Umzug in große, moderne Hallen. Der VfL Gummersbach trägt inzwischen seine Spitzenspiele in der Kölnarena aus. In der neuen Arena in Hamburg spielen die Bundesliga-Handballer des HSV meist vor vollen Rängen: Das Derby gegen SG Flensburg-Handewitt fand vor 13000 Zuschauern statt.

Doch nicht nur beim Zuschauerzuspruch, auch im sportlichen Bereich lief es für die Bundesligisten zuletzt gut wie lange nicht: Den Champions-League-Titel holte sich vergangenes Jahr der SC Magdeburg. Die deutsche Liga gilt inzwischen als die beste im Handball überhaupt. Vielleicht ist auch deshalb der Stellenwert der Sportart im Lande wieder etwas gestiegen. Die guten Quoten bei Fernsehübertragungen sind ein Beleg dafür: 3,2 Millionen Zuschauer sahen beim letzten EM-Finale zu, als die Deutschen in der Verlängerung gegen Schweden verloren. „Wenn wir in Portugal das Finale erreichen, dann ist diese WM wieder eine große Chance für uns“, sagt Holpert.

Doch was geschieht, wenn die deutsche Nationalmannschaft, die durch Ausfälle von wichtigen Rückraumspielern wie Daniel Stephan und Frank von Behren geschwächt ist, vorzeitig scheitert? „Selbst wenn das nicht so toll wird in Portugal, brauchen wir wirklich nicht anfangen zu jammern“, sagt Carsten Sauer. Der Manager aus Gummersbach wünscht sich trotzdem nichts sehnlicher als ein gutes Abschneiden des deutschen Teams: „Schließlich färbt dieser Glanz ja auch auf die Bundesliga ab.“

Sauers Wunsch nach mehr Glanz ist verständlich. Seit 1978 nun läuft Deutschland einem großen Titel hinterher. Ein Makel für den mit 830000 Mitgliedern stärksten Verband der Welt. Und sicher dürfte es auch Bundestrainer Heiner Brand erleichtern, nicht immer von „damals, in Kopenhagen“ erzählen zu müssen. Nichts würde den ehemaligen Nationalspieler mehr freuen, als in ein paar Wochen Anekdoten von einer erfolgreichen WM – „neulich in Portugal“ – zum Besten zu geben.

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