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Endlich konsequent. Jens Hegeler (hinten) hat geholfen, Hertha zu stabilisieren.

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Vor dem Spiel bei Eintracht Frankfurt: Hertha BSC: Endlich stabil?

Nach dem holprigen Saisonstart in der Bundesliga hat Hertha BSC wieder die Tugenden entdeckt, die die Mannschaft in der Vergangenheit stark gemacht haben.

Das Leben eines Fußballprofis ist bis ins Detail reglementiert. Unter bestimmten Bedingungen gibt es sogar eine Pflicht zur guten Laune. Wenn man nach einem Sieg keine gute Laune hat, „verfehlt man auch irgendwie seinen Beruf“, hat Jos Luhukay, der Trainer von Hertha BSC, gestern auf die Frage geantwortet, wie denn nach dem 1:0 gegen Borussia Dortmund die Stimmung der Mannschaft sei. Sie ist also offenbar gut – wobei nicht ganz klar ist, ob auch ein Trainer seinen Beruf verfehlt hat, wenn er nach einem Sieg keine gute Laune hat. Jos Luhukay hatte am Dienstag nämlich augenscheinlich keine.

Über die Gründe kann man nur rätseln, schließlich hat Hertha BSC ein erfolgreiches Wochenende in der Fußball-Bundesliga hinter sich. Und auch wenn vor den beiden abschließenden Spielen der Hinrunde (bei Eintracht Frankfurt und am Sonntag zu Hause gegen Hoffenheim) immer noch die Gefahr besteht, dass die Berliner das Jahr auf einem Abstiegsplatz beenden – der Trend weist gerade in eine andere Richtung.

Anders als das breite Publikum hat Luhukay den Sieg gegen den BVB nicht benötigt, um die positive Entwicklung zu erkennen. „Seit Oktober investiert die Mannschaft mehr in die Spiele. Sie ist gieriger“, sagt er. „Aber wenn die Resultate nicht da sind, wird das nicht so wahrgenommen.“ Im Spiel nach vorne fehlt es seiner Mannschaft zwar immer noch an Witz und Kreativität, dafür hat sie zu dem zurückgefunden, was sie in der vergangenen Saison ausgezeichnet hat: Sie verteidigt kompakt, ist defensiv stabil und schaltet bei Ballgewinnen schnell um.

Hertha BSC fängt seit dem Spiel gegen Köln weniger Gegentore

Mit nur 46 Prozent gewonnenen Zweikämpfen hat Hertha BSC zwar weiterhin die schlechteste Quote aller 18 Mannschaften in der Bundesliga, doch die Verbesserungen waren zuletzt deutlich zu erkennen. Seit dem 2:1-Erfolg beim 1. FC Köln hat sich in Herthas Spiel eine gewisse Stabilität eingeschlichen – auch wenn die Berliner gegen den FC Bayern (0:1) und Gladbach (2:3) verloren haben. Vor dem Köln-Spiel hatte Hertha BSC im Schnitt 1,9 Gegentore pro Spiel kassiert, seitdem sind es nur noch 1,25. Dafür ist laut Luhukay auch „das neue Innenduo“ verantwortlich, also Jens Hegeler und John Anthony Brooks als zentrale Verteidiger in der Viererkette.

Opfer dieser Entwicklung ist John Heitinga. Nachdem der 31-Jährige zuletzt viermal hintereinander auf der Bank gesessen hatte, wurde er für das Spiel bei der Eintracht von Luhukay nicht einmal mehr in den Kader berufen. Stattdessen flog Sebastian Langkamp mit nach Frankfurt am Main, obwohl er nach fast vier Monaten Verletzungspause seit gerade zwei Wochen wieder mit der Mannschaft trainiert.

Die neue Sicherheit liegt jedoch nicht allein an den beiden Innenverteidigern; es ist auffällig, dass Hertha BSC inzwischen auch wieder über eine bessere Ordnung verfügt. Die Mannschaft läuft mehr als zu Saisonbeginn, sie kommt besser in die Zweikämpfe und gewinnt wesentlich mehr direkte Duelle. Bezeichnend war die Situation vor dem einzigen Tor am Wochenende gegen den BVB, als Peter Niemeyer und Per Skjelbred dem Dortmunder Jakub Blaszczykowski im Verbund den Ball entwendeten. Niemeyer verwickelte den Polen in einen Zweikampf, Skjelbred stahl ihm den Ball vom Fuß und leitete postwendend den Konter ein. „Das hat nichts mit Taktik und System zu tun“, sagt Luhukay. Es komme einfach darauf an, mit der nötigen Konsequenz in die Zweikämpfe zu gehen. Genau die habe zuvor zu oft gefehlt. „Da kann keine Taktik gegen bestehen.“

„Ein Tolga Cigerci mit auf dem Platz hätte uns vieles erleichtert“

Die defensivere Ausrichtung kommt der Mannschaft in doppeltem Sinne entgegen: Sie kaschiert die Mängel im kreativen Aufbauspiel und erleichtert den Spielern dank klarer Vorgaben das eigentliche Verteidigen. In den vergangenen vier Spielen wiesen die Berliner je dreimal eine bessere Zweikampfquote und eine bessere Laufleistung auf als der Gegner.

Die defensiven Probleme von Hertha BSC hatten ihren Ursprung weit vorne in der Offensive. Luhukay vermisst Spieler wie Alexander Baumjohann und Tolga Cigerci, „die uns rein fußballerisch enorm hätten helfen können“. Diesen Mangel hat vor allem Hajime Hosogai zu kompensieren versucht – und dabei seine Kernaufgaben in der Defensive vernachlässigt. „Ein Tolga Cigerci mit auf dem Platz hätte uns vieles erleichtert“, sagt Herthas Trainer. Doch seine Rückkehr ist noch nicht abzusehen. Der Mittelfeldspieler klagt weiterhin über Schmerzen an seinem operierten Zeh und wird wohl auch nach der Winterpause noch nicht ins Mannschaftstraining einsteigen. „Im Moment haben wir keinen Lichtblick“, sagte Luhukay. Vielleicht hatte er deshalb schlechte Laune.

So könnte Hertha spielen:

Kraft – Pekarik, Hegeler, Brooks, Schulz – Niemeyer – Beerens, Skjelbred, Ronny, Ben-Hatira – Schieber.

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