zum Hauptinhalt
Erinnerung an eine Demütigung. Vor fünf Jahren verlor der FC Bayern 1:5 in Wolfsburg und fing sich dabei auch das unvergessene Hackentor des Brasilianers Grafite ein.

© Imago

Vor dem Spiel gegen Bayern München: VfL Wolfsburg - Schwächen im Schlaraffenland

Ist der VfL Wolfsburg der erste Verfolger des FC Bayern? Nicht so schnell, sagen sie in Wolfsburg vor dem Topspiel am Samstag. Ob es dem VfL dennoch gelingen kann, den Münchnern ein Bein zu stellen?

Von Christian Otto

Der Balanceakt zwischen Demut und Größenwahn gehört zu ihren größten Aufgaben. Wenn Klaus Allofs darüber referiert, wie hoch er mit dem VfL Wolfsburg hinaus möchte, versucht er gern, seinen millionenschweren Arbeitgeber kleinzureden. Sind noch nicht so weit. Viel Arbeit vor uns. Richtung stimmt. Mit dieser Form von Selbsteinschätzung hält man sich lästige Kritik vom Hals, wenn es nicht läuft. Aber kann sich ein Verein, der innerhalb von sechs Monaten mehr als 35 Millionen Euro in die Großeinkäufe Luiz Gustavo und Kevin de Bruyne investiert hat, so viel Zurückhaltung erlauben?

„Natürlich traue ich das der Mannschaft zu“, antwortet Allofs auf die Frage, ob es dem VfL gelingen kann, dem FC Bayern München im Spitzenspiel am Samstag ein Bein zu stellen. Kampfansagen klingen anders.

Die Suche nach dem Verein, der tatsächlich als Verfolger der Bayern taugt, ist äußerst ermüdend. Freunde der Statistik listen auf, dass die Münchener seit 48 Bundesligaspielen nicht mehr verloren haben. Man muss in den Archiven schon weit zurückblättern, um auf eine echte Demütigung des Rekordmeisters zu stoßen.

2009 wurde der VfL Wolfsburg Meister

Sie ereignete sich in Wolfsburg, Saison 2008/09, 26. Spieltag: Auf dem Weg zur Meisterschaft schießen die Wolfsburger die Bayern mit 5:1 aus ihrem Stadion, einem gewissen Grafite gelingt mit einem Hackentrick das Tor des Jahres. Die Anekdote klingt aus heutiger Sicht wie ein Märchen. „Wenn die Bayern alles richtig machen, kann man auch hoch verlieren. Sogar im eigenen Stadion“, sagt Allofs. Viel tiefer kann der Knicks eines Vereins, der zuletzt 2:6 in Hoffenheim verlor, vor dem prominenten Gast wohl nicht ausfallen.

Dabei war zum Start der Rückrunde noch einmal Hoffnung aufgekommen: Diego an Atletico Madrid veräußert, dem FC Chelsea de Bruyne abgekauft. Von einem Puzzlespiel war die Rede, das möglichst zeitnah ein komplettes Bild abgeben soll. Wie weit das Puzzle schon ist, dazu gibt es wankelmütige Aussagen. Fertigstellung in einem Monat? Einem Jahr? „Kann ich nicht sagen. Wichtig ist, dass wir uns nicht treiben lassen, sondern unseren Weg gehen“, sagt Trainer Dieter Hecking.

In dieser Saison hat Wolfsburg schon Schalke, Dortmund und Leverkusen besiegt

Unter seiner Regie hat der VfL in dieser Saison daheim schon Schalke (4:0), Dortmund (2:1) und Leverkusen (3:1) geschlagen. Eigentlich müssten sich die Wolfsburger als erster Verfolger berufen fühlen. „Wir haben das Gefühl, dass das Team bereit ist. Wir haben die Qualität“, sagt Hecking, obwohl ihm am Samstag ausgerechnet Gustavo fehlt wegen einer Gelbsperre.

Realistisch betrachtet muss noch eine ganze Weile gepuzzelt werden. Seit seiner wundersamen Meistersaison hat sich der VfL an überzogenen Zielen regelmäßig verhoben. Obwohl Allofs und Hecking den viel zu großen Kader schon tüchtig ausgemistet haben, sind noch zu viele Altlasten geblieben. Der Sturm der Niedersachsen ist mit Oldie Ivica Olic und dem wechselhaft auftretenden Bas Dost nur durchschnittlich besetzt. Junge Profis wie Maximilian Arnold und Robin Knoche müssen erst noch ein paar Fehler machen dürfen, bevor aus ihnen Hauptdarsteller werden.

Hecking ist klug genug zu erkennen, dass er nicht als Schaumschläger auftreten muss, nur weil die etablierte Konkurrenz aus Dortmund, Gelsenkirchen und Leverkusen im Wettstreit mit den Münchenern überfordert ist.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false