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Heiko Vogel, 36, trainiert seit November 2011 als Nachfolger von Thorsten Fink den FC Basel.

© dpa

Vor dem Spiel gegen den FC Bayern: Heiko Vogel: "Man sollte mich nicht unterschätzen"

Basels Trainer Heiko Vogel spricht vor dem Champions-League-Spiel gegen die Münchener über seinen Lieblingsklub Bayern München und seine Leidenschaft am Fußball.

Herr Vogel, man hört immer wieder, dass die Schweizer den Deutschen mit Misstrauen begegnen. Wie ist es bei Ihnen?

Ich gebe mir Mühe, dass sie mich mögen können. Die Schweizer halten uns Deutsche für übertrieben selbstbewusst. Aber ich versuche, offen auf die Menschen zuzugehen.

Sie sind in Bad Dürkheim in der Pfalz geboren, da hat Sie sicher der Pfälzer Fußball geprägt, Leidenschaft und Kampf?

Ich war als Kind Bayern-Fan.

Das klingt nach einer schweren Kindheit.

(lacht) Man könnte sagen, ich habe mich schon damals nicht verbiegen lassen. Oder ich war mutig. Wie Sie wollen.

Wie viel Bayern München steckt in Ihnen?

Neun Jahre Lebenserfahrung. Aber ich sage nicht jeden Tag das „Mir san mir“ auf.

Und wie viel Bayern-Gen?

Es gibt kein Bayern-Gen. Es gibt gewisse Schemata, die zeigen, warum etwas gut funktioniert. Etwa, weil es innovativ und trotz Talent fleißig ist. Wenn das ein Sieger-Gen ist, bitte.

Hat jemand, der Manchester United geschlagen hat, Angst vor Bayern München?

Ich habe nur Höhenangst. Bayern ist eine Herausforderung, die wir nicht unterschätzen.

Was imponiert Ihnen an Bayern?

Trotz der Konzerngröße ist es ein familiärer, nachhaltiger und gnadenlos effizienter Klub. Der FC Bayern ist die Topmarke im Weltfußball, wenn man alle Faktoren nimmt. Gesünder kann ein Verein wirtschaftlich und sportlich nicht dastehen.

Wie intensiv ist der Kontakt nach München noch heute?

Meine Familie lebt am Tegernsee und bleibt auch dort. Ich will ihr kein Nomadentum zumuten.

Als Fußballer haben Sie es nicht weit nach oben geschafft, dann waren Sie Jugendtrainer und Assistent.

Durch die Nicht-Profikarriere habe ich Fußball aus anderen Blickwinkeln gesehen. Das hilft mir, mich als Trainer durchzusetzen. Die 90 Minuten auf dem Rasen und alles drumherum haben an Intensität gewonnen. Da hilft es, wenn man Sport studiert hat und über die Begebenheiten des menschlichen Körpers und die Trainingslehre Bescheid weiß.

Was ist Ihnen als Trainer besonders wichtig?

Würde und Respekt. Ehrlich zu sein, offen, authentisch, verlässlich – und ich will Spaß am Spiel vermitteln.

Das heißt, Sie sind ein sehr positiver Mensch?

Ich lache gerne und liebe Humor. Lachen drückt für mich ein Lebensgefühl aus.

Früher hieß es, Sie wollten einfach nur Fußballtrainer werden, egal bei welcher Mannschaft.

Bei 1860 München hat man mich wegen fehlender Berufserfahrung abgelehnt. Ich habe meinem Universitätsdozenten Gerhard Bauer gesagt: Gib mir irgendwas, und wenn es die Frauen-Hochschulmannschaft ist, ich trainiere die.

Und dann?

Hat mir Werner Kern bei den Bayern eine Chance in seiner Nachwuchsabteilung gegeben. Das war ein Sechser im Lotto, weil ich die Entwicklung von Spielern beobachten konnte. Ich habe Diego Contento und Mehmet Ekici als Neunjährige das erste Mal, als Zwölfjährige das zweite Mal und als 15-Jährige das dritte Mal trainiert. Da bekommt man sehr unterschiedliche Leistungssprünge mit. Ich sehe mich als Leistungsmanager, der dafür sorgt, dass Spieler ein Leistungsoptimum erreichen.

Gab es Vorbilder?

Bei mir waren Hermann Hummels …

… der Vater des Dortmunder Nationalspielers Mats Hummels …

… und Hermann Gerland starke Einflussfaktoren. Ich habe bei beiden die nicht inszenierte Person in der täglichen Arbeit kennengelernt.

Vogel über seine Vorstellung vom idealen Fußball

Welches Ideal schwebt Ihnen als Trainer vor?

Authentizität ist durch nichts zu ersetzen. Ich lasse mich durch keinen Verein verbiegen, wobei man immer nach neuen Ideen schauen sollte. Aber man muss sich nicht gleich neu erfinden.

Verstehen Sie das Misstrauen, das einen Assistenten begleitet, der Chef wird?

Ich bin Trainer, weil ich von meiner Kompetenz überzeugt bin. Nur wer Leidenschaft für etwas zeigt, kann sich voll entfalten. Ich liebe Fußball, das macht mich mental stark. Man sollte mich grundsätzlich nicht unterschätzen.

Wie sollte Fußball für Sie sein?

Sagen wir es so: Ich habe einen ästhetischen Anspruch an das Spiel meiner Mannschaft, ohne meinen Auftrag zu vergessen, gewinnen zu müssen.

Sie haben der Basler Mannschaft als Nachfolger von Thorsten Fink ein etwas stabileres Gerüst gegeben. Ist das ihr Stil?

Statistiken aus allen Ligen sagen, eine gute Defensive oder Ballkontrolle hat bessere Chancen ganz vorne zu sein. Da glaube ich an die Statistik

Welche Klubs imponieren Ihnen am meisten mit ihrem Fußball?

Barcelona, wie bei allen. Aber ich denke auch an das Inter Mailand, das Bayern München im Champions-League-Finale geschlagen hat. Wie intensiv und stressfrei sie über 90 Minuten verteidigt haben, hatte was Ästhetisches, auch wenn es nicht meinem Ideal entspricht.

Sie haben mit Basel Manchester United geschlagen. Hilft so ein besonderer Sieg, weil er Anerkennung bringt?

Viel wichtiger als mein Selbstvertrauen ist doch das der Mannschaft. Die hat jetzt abgespeichert: Wir waren aus dem und dem Grund in der Lage, ein besonderes Spiel zu zeigen.

Wie schlägt man große Mannschaften?

Mit Ernsthaftigkeit und einer großer Portion Gelassenheit. Der Wille zu gewinnen muss da sein, ohne dass der mich schon Tage vorher all meine Kraft kostet.

Und wie waren Sie als Fußballspieler?

Der Trainer Vogel hätte gesagt: Er hat interessante Ansätze, dürfte aber ruhig mehr zeigen. Ich war stockrechts, links war ich mehr Kapitän Ahab mit dem Holzbein.

Das Gespräch führte Oliver Trust.

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