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Die Bayern im Griff? Herthas Mittelfeldspieler Fanol Perdedaj zeigt an Franck Ribery, was die Berliner vorhaben.

© afp

Vor dem Spiel gegen die Bayern: Hertha BSC: Ein Wunder, aber wie?

Hertha BSC will beim FC Bayern München bestehen und träumt vom ersten Bundesliga-Sieg seit 1977. Um den Traum wahr werden zu lassen hat sich Hertha-Trainer Jos Luhukay einiges ausgedacht.

Otto Rehhagel hatte eine Idee. Der Trainer von Hertha BSC bot gegen Bayern München kurzfristig den Mittelfeldspieler Fanol Perdedaj auf, den er „Paradise“ rief – zum ersten Mal in seiner jungen Profikarriere als Rechtsverteidiger, gegen Franck Ribéry. Nach 18 Minuten stand es 0:3 und Perdedaj war froh, wenn er schnell genug war, um noch Ribérys Hacken zu sehen. Rehhagel wechselte Perdedaj zur Halbzeit aus, Hertha verlor 0:6 und stieg zwei Monate später ab.

Perdedaj spielt heute wieder in Herthas zweiter Mannschaft und hat es nicht ins Aufgebot geschafft für das Wiedersehen der Berliner am Samstag mit Bayern München (15.30 Uhr, live bei Sky). Jos Luhukay ist mittlerweile Trainer und hat andere Ideen. Ideen für ein Spitzenspiel, Tabellenführer gegen Überraschungsvierten, vor dem sich doch jeder fragt, ob und wie die Berliner bei den übermächtigen Münchnern bestehen können. Herthas Spieler und Verantwortliche nennen Bayern wahlweise die beste Mannschaft der Welt oder Europas, was beides auf ziemlich dasselbe hinausläuft: Es wird schwer.

„Wenn wir einen Punkt mitnehmen, wäre das sicherlich außergewöhnlich“, sagt Luhukay. Und: „Es muss wahrscheinlich ein Wunder passieren, um in München zu gewinnen.“ Seit 1977 hat Hertha das nicht mehr geschafft. Doch wie bewerkstelligt man ein Wunder?

Was Luhukay plant, ist unter der Woche im Training deutlich zu erkennen – und zu hören. „Je größer wir am Samstag das Spielfeld machen, desto mehr laden wir den Gegner zum Fußballspielen ein“, ruft er laut. Dabei stehen sich zwei Mannschaften in Trainingsleibchen auf einem Feld gegenüber, das kleiner abgesteckt ist als eine normale Spielfläche. Das kann Luhukay in München nicht tun, er muss andere Wege finden, den Bayern den Raum für ihre Angriffe zu nehmen.

Um zu verstehen, was Luhukay am Samstag plant, muss man verstehen, was er normalerweise vorhat. Seit seinem Dienstantritt lässt Luhukay, das betont er oft, Hertha aktiv und offensiv spielen. Wenn die Gegner das Spiel aufbauen, setzten die Berliner sie oft früh unter Druck, um Ballgewinn und einen kurzen Weg zum Torabschluss zu haben. Die eigene Abwehr steht so weit wie risikoreich vor dem eigenen Strafraum. So begann Hertha auch das letzte Ligaspiel gegen Mönchengladbach, doch gab sie diese Taktik nach einer Viertelstunde auf, als klar war, dass die passsicheren Gladbacher kaum vom Ball zu trennen waren. Hertha zog sich zurück – und gewann trotzdem 1:0.

Doch wenn selbst Gladbach kaum Angriffsfläche für Pressing bot, wie soll der Ballgewinn dann gegen die untrennbaren Passgirlanden der Bayern klappen, die nicht erst seit Pep Guardiola die höchste Passgenauigkeit der Liga aufweisen?

„Wir wollen natürlich die eigene Spielweise durchziehen, das ist Plan A“, sagt Luhukay. „Aber wenn das nicht möglich ist, dann fallen wir zurück, man muss da flexibel sein und einen Plan B haben.“ Da sorgt die lückenlose Abwehrleistung gegen Gladbach für Hoffnung. „Wenn wir nicht ins Offensivpressing kommen, müssen wir eben in der Abwehr Druck machen.“

Im Training werkelt Luhukay an der Vereinbarkeit von Plan A mit Plan B, am Feintuning der eigenen Taktik. Laut ermutigt er die Hertha-Spieler, auf Gegner und Ball zuzulaufen. Gelingt aber kein schneller Ballgewinn im Mittelfeld, „dann müssen wir das Spiel verzögern!“ Nichts fürchtet er mehr als Blitzangriffe der Bayern gegen eine ungeordnete Hertha-Defensive. „Wenn sie mit Positionswechseln, Tempo und Druck kommen, ist das schwer zu verteidigen“, analysiert Luhukay. Ribéry, Robben, Götze, Mandzukic oder Müller sind dann kaum aufzuhalten.

Mainz hat es am letzten Spieltag in München mit einer Art Fünferabwehrkette probiert. Bis zur 1:0-Halbzeitführung funktionierte das gut, danach nicht mehr so gut, der FSV verlor 1:4. Luhukay hat bei Hertha zwei Systeme mit Viererkette einstudiert, „dabei bleiben wir auch“.

Auch vier Verteidiger sollen die Bayern vor dem Tor bremsen können. Wie? „Vom Sechzehner bis zur Mittellinie die Mitte schließen und auf Außen Druck!“, ruft Luhukay im Training. Während die Verteidiger im Zentrum eng zusammenstehen, dürfen die Flügelspieler die gegnerischen Angreifer nahe der Seitenlinie attackieren.

Doch etwas fehlt doch noch? Ach ja, Hertha müsste selbst ein Tor schießen für einen Wundersieg. Luhukay verweist auf Herthas starkes Umschaltspiel: „Wenn wir in die Defensive gedrängt wurden, dann kamen wir da meist schnell heraus.“ Doch selbst wenn die Berliner in der Abwehr den Ball erobern, müssen sie den weiten Weg zum Tor durch Guardiolas gefürchtetes Gegenpressing überstehen.

Klingt alles nicht nach einem Wunder am Samstag. Aber wann werden Wunder schon erwartet? „Das Rezept, Bayern zu schlagen, hat noch keine Mannschaft gefunden in dieser Saison“, sagt Luhukay und lächelt vielsagend. Vielleicht ist Hertha ja die erste.

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