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Abwehr fängt vorne an. Ingolstadts Caiuby wird gleich von drei Herthanern attackiert.

© dapd

Vor dem Spiel in Sandhausen: Hertha BSC: Unbedingt abwehrbereit

Hertha BSC hat in den vergangenen vier Spielen nur ein Gegentor kassiert. Das ist ein Gemeinschaftswerk des gesamten Teams, liegt aber auch an einer ungewöhnlich besetzten Innenverteidigung.

Fabian Lustenberger hatte vor zwei Wochen eine Idee, die aus Gründen der Ressourcenschonung nur zu begrüßen ist. Der Verteidiger von Hertha BSC hat nach dem Zweitliga-Spitzenspiel bei Eintracht Braunschweig vorgeschlagen, Torhüter Thomas Kraft könne sein blütenweißes Trikot eigentlich ungewaschen wieder in den Schrank packen: „Der hat ja nicht mal geschwitzt.“ Kraft ist in diesen Wochen in der Tat alles andere als ein Extremsportler. Er ist allenfalls extrem unterbeschäftigt.

Selbst Tabellenführer Braunschweig brachte es im eigenen Stadion auf gerade fünf Torschüsse gegen Hertha; nur ein einziger wurde innerhalb des Berliner Strafraums abgegeben, genauso wie eine Woche später beim Heimspiel gegen den FC Ingolstadt. „Unsere Defensive ist absolut positiv“, sagt Trainer Jos Luhukay. In den jüngsten vier Spielen kassierte Hertha nur ein Gegentor – durch einen Distanzschuss des Braunschweigers Kruppke.

Die defensive Stabilität hat viele Gründe, sie ist aber in erster Linie ein Gemeinschaftswerk. „Die Mannschaft ist sehr gut geordnet, sie arbeitet fleißig gegen den Ball und unterstützt sich untereinander“, sagt Luhukay. Im Spiel gegen den Ball lässt sich am deutlichsten ablesen, was der Trainer verlangt: Der Gegner soll so früh unter Druck gesetzt werden, dass er erst gar nicht zu geordneter Offensive in der Lage ist. „Wir versuchen ihn zu langen Bällen zu zwingen“, sagt der offensive Mittelfeldspieler Marcel Ndjeng. „Die Stabilität zieht sich von vorne nach hinten.“

Rutscht trotzdem mal ein Ball durch, greift in letzter Instanz die Viererkette ein, die seit Wochen eine erstaunliche Souveränität ausstrahlt. Das ist schon deshalb nicht selbstverständlich, weil Luhukay die beiden Positionen in der Innenverteidigung mit einem gelernten Mittelfeldspieler (Fabian Lustenberger) und einem 19-Jährigen (John-Anthony Brooks) besetzt. Brooks bringt zwar erkennbar überdurchschnittliche Anlagen mit und erinnert in seinen Bewegungen an Jerome Boateng; ihm sind aber zu Saisonbeginn auch immer wieder allzu leichte Fehler mit teils schweren Folgen untergekommen. „An der vollen Konzentration über 90 Minuten muss er noch arbeiten“, sagt Luhukay.

Bei der bisher letzten Saisonniederlage am zweiten Spieltag gegen den FSV Frankfurt verschuldete Brooks mit einer missglückten Rückgabe einen Elfmeter und einen Platzverweis für Torhüter Sascha Burchert. Diesen Tiefschlag hat er jedoch gut weggesteckt. „Man kann nicht die ganze Zeit damit hadern, sonst geht man daran kaputt“, sagt er. Immerhin hat der junge Verteidiger inzwischen den Routinier Roman Hubnik, 28, verdrängt, der im Sommer noch bei der EM für Tschechien gespielt hat. „Die Entwicklung freut uns sehr“, sagt Luhukay. Brooks habe ein enormes Potenzial für diese Position, könne beim Zweikampfverhalten und der allgemeinen Präsenz allerdings noch zulegen.

Der Deutsch-Amerikaner profitiert natürlich auch von der Anleitung durch seinen Nebenmann Lustenberger, der zwar nicht dem Klischee des kantigen Innenverteidigers entspricht, sich aber als echte Stütze erwiesen hat. „Es passt super mit ihm“, sagt Brooks. „Er kann das Spiel lesen und ist immer da, wenn mal ein Ball durchrutscht.“ Trainer Luhukay sieht den Schweizer seit Monaten „auf allerhöchstem Niveau“. Lustenberger sei ein unglaublicher Stabilisator. „Er ist aggressiv, stark in der Balleroberung, gewinnt viele Zweikämpfe und macht in der Spieleröffnung kaum Fehler.“

Hinzu kommen Torhüter Kraft, der „uns gut von hinten dirigiert“, wie Brooks sagt, „und zwei bissige Verteidiger auf außen“. Von den beiden Pitbulls, wie Luhukay sie genannt hat, wird heute beim SV Sandhausen allerdings nur Peter Pekarik spielen; Fabian Holland fällt aus. Trotzdem ist nicht zu befürchten, dass Herthas Defensive in allzu große Probleme geraten wird. Der Tabellenvorletzte stellt mit zehn Toren aus zwölf Spielen die drittschlechteste Offensive der Liga. Herthas Herausforderung wird eher darin bestehen, die massive Abwehr der Sandhäuser irgendwie auszuhebeln. „Wir müssen lernen, uns auch gegen tief stehende Mannschaften durchzuspielen“, sagt Jos Luhukay. „Das ist der höchste Schwierigkeitsgrad.“

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