zum Hauptinhalt
Ein Meister der Präzision. Lucien Favre versucht sich mit Borussia Mönchengladbach am schönen Fußball und hat bereits große Fortschritte erzielt.

© dpa

Vor dem Viertelfinale: Herthas Pokalgegner Gladbach kann nicht nur kontern

Borussia Mönchengladbach hat sich unter Lucien Favre zum Spitzenteam entwickelt. Das liegt vor allem an der starken Defensive - dabei ist das Team alles andere als eine reine Kontermannschaft.

Ende Januar hat Borussia Mönchengladbach nach langer Zeit mal wieder im Fokus der breiten Öffentlichkeit gestanden. Fast sieben Millionen Menschen haben das Duell mit dem FC Bayern München zum Rückrundenstart der Bundesliga im Fernsehen verfolgt und sich anhand dieser Begegnung ein eindeutiges Bild davon gemacht, wie die Borussia Fußball spielt. Genauso wie in den goldenen Siebzigern nämlich, als die Gladbacher den vielleicht besten Konterfußball Europas aufs Feld brachten. „Gladbachs Konter-Könige“, titelte der Fernsehsender Sport 1 auf seiner Internetseite, und auch Michael Skibbe, der Trainer von Hertha BSC, erwartet im Pokal-Viertelfinale „eine ziemlich konterstarke Mannschaft“. Doch das ist nur die halbe Wahrheit.

Das interessierte Publikum verfolgt gerade mit Spannung, wie es mit Gladbach nach dem überraschenden Aufschwung weitergeht. In der Hinrunde, so die herrschende Meinung, habe die Mannschaft von ihrer Außenseiterrolle profitiert. Was aber passiert, wenn sich die Konkurrenz auf ihr Spiel eingestellt hat, sie den Gladbachern nicht mehr ins offene Messer läuft, sondern sie erst einmal selbst das Spiel machen lässt? Hannover 96 macht diese Erfahrung gerade. Das Team von Mirko Slomka hat in der vorigen Saison mit seinem Überfallfußball die Liga überrumpelt; inzwischen aber ist Hannovers Spiel weitgehend entschlüsselt.

Auf den ersten Blick ist es frappierend, wie sehr der Weg der Gladbacher dem der 96er aus der Vorsaison gleicht: Eine Mannschaft, die in der Saison zuvor fast abgestiegen wäre, spielt plötzlich oben mit. Doch während Hannovers Stärke das Spiel gegen den Ball ist, legt Borussias Trainer Lucien Favre mehr Wert auf das Spiel mit dem Ball – auch wenn die Partie gegen die Bayern etwas anderes suggeriert hat. „Wir haben uns angepasst“, sagte Favre nach dem Spiel. „Gegen Bayern ist es schwer für uns, anders zu spielen.“

Gladbach hat häufig mehr Ballbesitz als der Gegner

Gegen fast alle anderen Mannschaften aber probieren die Gladbacher genau das. In 15 der bisher 20 Bundesligaspiele hatten die Gladbacher mehr Ballbesitz als ihr Gegner. Es ist der beste Beleg dafür, dass Favres Team alles andere ist als eine Kontermannschaft.

Der Schweizer hat von seinen Teams schon immer Technik in Bewegung verlangt, permanenten Spielfluss, viel Ballbesitz und intelligent ausgespielte Angriffe mit hoher Trefferwahrscheinlichkeit. In der Hinrunde wurden die Gladbacher wegen ihrer Spielweise daher schon als „Borussia Barcelona“ bezeichnet. Auch wenn der Champions-League-Sieger Favres Team in der fußballerischen Perfektion Welten voraus ist – die Idee dahinter ist zumindest ähnlich. „Wir spielen einen gepflegten Fußball“, sagt Borussias Innenverteidiger Martin Stranzl, der gegen Hertha wegen einer Grippe ausfällt.

Basis ist die herausragende Defensive. Mit nur zwölf Gegentoren stellt Gladbach die beste Abwehr der Liga. Barcelona hat (bei einem Spiel mehr) 13 Gegentore kassiert, und trotz ihrer defensiven Stabilität würde die Katalanen niemand für eine Kontermannschaft halten. Auch die Gladbacher mauern nicht im herkömmlichen Sinne. Favre favorisiert eine offensive Verteidigung, bei der die Viererkette weit vorrückt, um den bespielbaren Platz zu verknappen, und gemeinsam mit den Mittelfeldspielern ein Netz bildet, in dem sich die gegnerischen Angreifer regelrecht verfangen.

Die Borussen sind der einzige Bundesligist, der noch kein Kontertor kassiert hat, zudem hat kein Team seltener foul gespielt. Auch das spricht für eine stringente Ordnung und eine gute Organisation in der Defensive. „Verteidigend sind wir sehr gut“, sagt Favre. „Bei Ballbesitz haben wir noch viel zu tun.“ Unter anderem müssen die Gladbacher noch ihren Ruf als Kontermannschaft widerlegen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false