zum Hauptinhalt
Vancouver 2010 - Olympische Wetter-Küche

© dpa

Vor der Eröffnung: Grüne Spiele wider Willen

Es läuft noch nicht alles rund in Vancouver: Das Wetter spielt nicht mit, Busse bleiben liegen. Im Gegensatz zur Propagandaveranstaltung von Peking könnten es aber politisch ruhige Wettkämpfe werden.

Als Jacques Rogge Anfang dieser Woche durch die Olympiastadt Vancouver ging, fühlte sich der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) zu einem Scherz inspiriert. "Einerseits verlangen wir ja immer nach grünen Spielen", sagte er, "aber vielleicht sollten wir doch für etwas anderes plädieren." Denn so war das mit den grünen Spielen auch nicht gemeint.

Vancouver präsentiert sich am Tag, an dem die XXI. Olympischen Winterspiele um 18 Uhr Ortszeit (Samstag 3 Uhr, MEZ) im BC Place Stadium eröffnet werden, so grün und regnerisch wie die Insel Irland im Herbst. Seit Anfang Januar regnet es in der Stadt am Pazifik, Temperaturen von sechs bis zehn Grad Celsius machten das Klima für die 2,25 Millionen Einwohner angenehm – nur vom Winter fehlt jede Spur. "Wir hätten die Spiele im letzten Jahr machen sollen, so hoch lag hier der Schnee", sagt eine Mitarbeiterin an der Außenstelle Cypress Mountain. Für die Stadt Vancouver ist der fehlende Schnee nur ein optisches Manko, Eishockey, Eisschnelllaufen und Eiskunstlaufen finden in überdachten Eishallen statt. Auch für das 115 Kilometer entfernte und auf 670 Metern gelegene Whistler ist der milde Winter kein Problem, der Ort der alpinen und nordischen Olympia-Wettbewerbe zehrt noch von den Schneemassen, die Ende 2009 gefallen sind. Auch in Cypress Mountain zog zuletzt überraschend ein Schneesturm auf, Dauerregen könnte in den kommenden Tagen aber alles wieder dahinschmelzen lassen.

Schnee per Hubschrauber und Lastwagen

Zuvor war der Schnee dort per Hubschrauber und 170 Lastwagen tonnenweise aus den umliegenden Bergen angeschleppt worden. Auf Heu und Holz liegt er nun wie eine weiße Zunge auf grün-braunem Untergrund, damit in den nächsten Tagen Snowboarder und Freestyle-Skifahrer ihre Wettbewerbe durchführen können. Damit er nicht wegtaut, ist er mit einer Chemikalie besprüht worden. Die Freestyle-Snowboarder, die ihre Halfpipe am Dienstag testen durften, waren alles andere als begeistert. Es sei, als ob man auf Zucker fahre, bemängelte einer.

Da trifft es sich gut, dass zumindest bei der Eröffnungsfeier vor 55.000 Zuschauern im 1983 erbauten BC Place Stadion das Wetter keine Rolle spielen wird. Der Ort, an dem sonst das Canadian-Football-Team BC Lions spielt, ist komplett überdacht, weshalb zum ersten Mal in der Geschichte der Olympischen Spiele eine Eröffnungsfeier in einer Halle stattfinden wird. Über den exakten Ablauf ist noch nicht allzu viel bekannt geworden, obwohl es bereits zwei Generalproben gegeben hat. Die Feier soll im Gegensatz zur gigantischen und perfektionistischen Eröffnung der Sommerspiele von Peking 2008 eher Partyatmosphäre ausstrahlen. Im Gegensatz zu jenen Spielen fehlen in Vancouver die meisten Staatschefs dieser Welt. US-Präsident Barack Obama schickt lediglich seinen Stellvertreter Joe Biden. Auch Queen Elizabeth II., das offizielle Staatsoberhaupt Kanadas, wird am Freitag fehlen. Spannend bleibt die Frage, wer das olympische Feuer im Stadion entzünden wird. Es gibt allerdings einen klaren Favoriten: Wayne Gretzky, Kanadas Superstar des Eishockeys.

Transport könnte Probleme bereiten

Bei den Proben funktionierte der An- und Abtransport der Zuschauer noch nicht wie gewünscht, stundenlange Schlangen bildeten sich vor dem Stadion. Überhaupt könnte der Transport noch zum Problemfall werden. Der kanadische Buckelpistenfahrer Jenn Heil ist innerhalb von zwei Tagen zweimal in einem Olympia-Bus auf der Strecke liegen geblieben, weil die aus Kalifornien geliehenen Busse die steilen Anstiege in Cypress Mountain nicht bewältigen konnten. Inzwischen sind neue Busse geordert worden. Zwei Dutzend Busfahrer sind Vancouvers Organisationskomitee (Vanoc) sogar abhanden gekommen, sie haben einfach ihre Dienst quittiert. Anderen fehlt die Ortskenntnis, sie irren mit ihren genervten olympischen Passagieren in Vancouver umher. Am Mittwochabend zeigte sich ein Helfer am Abend an der Akkreditierungsstelle überrascht von dem Ansturm der Olympiabesucher. "Wir haben nur mit 30 gerechnet", sagte er. Und das zwei Tage vor Beginn der Olympischen Spiele.

Womöglich legen sich die Organisationspannen, wenn die Spiele erst einmal angefangen haben. Es könnten ruhige Spiele werden, gegenwärtig fehlt ihnen noch das übergreifende Thema. Obwohl örtliche Obdachlosenverbände und Anti-Olympia-Gruppen auch für die Eröffnungsfeier Proteste angekündigt haben, werden sie nicht so politisiert sein wie zuletzt die Sommerspiele im autokratischen China. Doping könnte sich vielleicht noch als Klammer erweisen, die letzten Winterspiele in Turin und Salt Lake City hatten mit den Skandalen um die österreichischen Biathleten und Langläufer sowie dem Dopingfall Johann Mühlegg eigene Tiefpunkte. Möglich ist aber eher, dass das Wetter zum Hauptthema dieser Spiele wird. Für Freitag ist Regen angekündigt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false