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Joshua Kimmich (l.) und seine Teamkollegen müssen in der Katar-Frage Haltung zeigen.

© imago/HMB-Media / IMAGO/Julien Becker

Vor der Fußball-WM in Katar: Die Nationalspieler sind gefordert

Die deutschen Fußball-Nationalspieler müssen sich für die in zwei Monaten beginnende WM in Katar positionieren – sowohl sportlich als auch politisch.


Oliver Bierhoff, der Direktor Nationalmannschaften beim Deutschen Fußball-Bund, hat am Dienstag noch einmal auf die Besonderheiten der anstehenden Fußball-Weltmeisterschaft in Katar hingewiesen. „Es ist ein anderes Turnier als alle anderen, die wir bisher erlebt haben“, sagte er und verwies vor allem auf den seltsamen Termin in der Adventszeit. Aber: „Die klimatischen Bedingungen werden sehr gut sein.“

Auf die anderen Besonderheiten des Turniers am Ende dieses Jahres ging Bierhoff bei der Pressekonferenz vor dem Länderspiel gegen Ungarn am Freitag in Leipzig (20.45 Uhr, live im ZDF) nicht noch einmal explizit ein: auf die politischen Zustände im Land des WM-Ausrichters. Aber das hatte Bierhoffs Arbeitgeber tags zuvor bereits getan: als der DFB den Kongress „Sport und Menschenrechte: Maßnahmen vor, während und nach der Fifa Fußball-Weltmeisterschaft Katar 2022“ ausrichtete.

Ziemlich genau zwei Monate sind es noch, bis die Nationalmannschaft mit dem Spiel gegen Japan in die WM startet. Mit jedem Tag wächst die sportliche Dringlichkeit, zugleich aber auch die gesellschaftliche Erwartung, dass sich die Nationalmannschaft in Menschenrechtsfragen klar positioniert. „Wir müssen darauf achten, diesen Spagat zu finden, zwischen der Verantwortung und dem Bewusstsein, das wir als Menschen haben“, sagte Bierhoff am Montag. Aber die Kritik an Katar dürfe auch „nicht dazu führen, dass wir keine Lust am Turnier haben. Wir gehen als deutsche Fußball-Nationalmannschaft rüber, vertreten unser Land und wollen erfolgreich Fußball spielen.“

Auf eine WM hat man als Fußballer natürlich extreme Lust.

Nationalspieler Joshua Kimmich

Beim DFB-Kongress berichtete unter anderem der Geher Jonathan Hilbert über die Erfahrungen, die er 2019 bei der Leichtathletik-WM in Doha gemacht hatte. Dass er dabei auch über seine Bedenken sprach, in Katar frei die eigene Meinung zu äußern, empfand Fußball-Nationalspieler Joshua Kimmich als „krass“. Vielleicht unterschätze man das im Vorfeld. Andererseits: „Auf eine WM hat man als Fußballer natürlich extreme Lust.“

Trotzdem: Über Katar und die Verhältnisse dort werde zurecht diskutiert, findet Kimmich. Das hätte man alles allerdings schon vor der WM-Vergabe wissen können und müssen. „Die Missstände gab es vorher schon“, sagte Kimmich. Deshalb kämen die Forderungen nach einem Boykott, die auch an die Spieler herangetragen würden, zwölf Jahre zu spät.

Ähnlich äußerte sich Hansi Flick. In einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ antwortete der Bundestrainer auf die Frage, ob diese WM in Katar richtig sei: „Diese Frage hätte schon viel früher beantwortet werden müssen. Und zwar mit einem Nein! Dass in Katar beim Thema Menschenrechte, beim Thema Nachhaltigkeit vieles nicht stimmt, ist ja offensichtlich. Aber für Trainer und Spieler ist es die WM, das größte Event, bei dem entsprechender Erfolg verlangt wird.“

Nicht immer klang Flick in dieser Angelegenheit so klar und unmissverständlich. Aber offenbar ist das jetzt die Linie des Verbandes. Bernd Neuendorf, der neue Präsident des DFB, forderte am Montag die Einrichtung eines Entschädigungsfonds für ausgebeutete Arbeiter in Katar. Da stehe auch der Weltverband Fifa in der Verantwortung, sagte er. Auch Louis van Gaal, der Trainer der holländischen Nationalmannschaft, nahm die Fifa in die Pflicht: „Wenn du so schlau bist, ein Turnier dahin zu vergeben und Millionen damit verdienst, dann musst du das Ausrichterland auch unterstützen.“

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