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© Uwe Steinert

Vor Ort in Zehlendorf: Olympiasieg: Die Hockey-Gemeinde beim Public Viewing

Im Klubhaus der Zehlendorfer Wespen feierte die Berliner Hockeygemeinde den Olympiasieg der Männer gemeinsam. Florian Keller, der Stürmer aus dem Verein, wurde besonders umjubelt.

Erst als der ZDF-Info-Kanal die Hockey-Übertragung beendet, lösen sie sich langsam von ihren Stühlen vor der Leinwand. Sie können es immer noch kaum glauben. „Wir sind es“, ruft einer. Alle klatschen noch einmal, rhytmisch, und ziemlich befreit. „Mein Puls rast, ich bin total k.o.“. Susanne Ahlgrimm lacht und klatscht weiter.

Wenige Minuten vorher sind die deutschen Hockey-Herren gegen Spanien Olympiasieger geworden - und die Zehlendorfer Wespen gleich mit. Denn einer der ihren ist direkt beteiligt an diesem Triumph. Wann immer die Nummer 23 auf dem Spielfeld in Peking eingeblendet wird, rufen sie seinen Namen: Keller, los! Florian Keller, 26 Jahre alt, der jüngste Sprössling der erfolgreichen Hockey-Dynastie. Der Stürmer ist das große Vorbild, und er ist einer von ihnen. Ein Berliner, einst beim Berliner Hockey Club, aber jetzt schon seit Jahren eine Zehlendorfer Wespe. Da drauf sind sie stolz.

Aber bis sie erlöst aufschreien und die Arme hochreißen dürfen, wird es erst einmal eine nervenaufreibende Zitterpartie für die rund 100 Fans beim Public Viewing im Vereinsheim in der Lloyd-G.-Wells-Straße in Zehlendorf. Zweimal 35 Minuten müssen sie bangen, und sie wissen, dass das Spiel auch anders als erhofft ausgehen kann. „Ich kann gar nicht hinschauen.“ Max Jesse hält es nicht auf seinem Stuhl, immer wieder springt er auf, ballt die Hände zu Fäusten, trommelt gegen die Wand. Der 27-Jährige, ein Jahrgang mit Florian Keller und dem in Köln spielenden Berliner Tibor Weißenborn, trägt das Deutschland-Trikot, die Nummer 6. Vor fünf, sechs Jahren zählte er selbst zu den großen Nachwuchshoffnungen, war im Perspektivkader der Nationalmannschaft und hat sogar einmal bei der Champions Trophy mitgespielt.

Doch Max Jesse hat sich anders entschieden, anders als Florian Keller. „Ich mache jetzt Florians Job, während der weg ist“, sagt er. Max Jesse hat sich für ein Studium entschieden, hat die Berufsakademie besucht und den Sport hintenan gestellt. Heute arbeite er er mit Florian und dessen Schwester Natascha, die ebenfalls mit der Hockey-Nationalmannschaft in China ist, bei der Funk Gruppe, als Versicherungsmakler. Schade sei es schon, sagt Max Jesse, wenn er jetzt daran denke, dass er mit den anderen in Peking sein könnte. Mit fast allen hat er gespielt. „Aber alles geht halt nicht.“ Auch wenn es für Olympia wohl nicht mehr reicht: In der ersten Herren-Mannschaft, Zweitbundesligist, spielt er doch noch. Und ist einer der nervösesten an diesem Samstag.

„Die Spanier sind so schnell, da fallen ruck zuck auch mal zwei Tore hintereinander“, sagt Bernd Rannoch, im Verein zuständig für Hockey. Der 41-Jährige, der bis zu einem Kreuzbandriss lange selbst spielte, hofft auf „ein unverdientes 2:1. Die Spanier sind sehr gefährlich.“ Doch alles läuft gut, am Ende wird es 1:0 ausgehen, die Deutschen haben die Nerven behalten. Und Florian Keller? „Er war heute kaum im Ballbesitz, vielleicht drei-, viermal. Aber das ist eben so bei einer Mannschaftssportart.“ Bernd Rannoch ist zufrieden.

Eine halbe Stunde nach dem Abpfiff sind die meisten Fans schon wieder nach Hause gegangen. Manche schauen noch Fußball, oder genießen die Sonne auf der Terrasse vor dem Klubheim. Gefeiert wird an diesem Abend nicht. Das heben sich die Zehlendorfer für den Montag auf, wenn die Kellers nach Berlin zurückkehren. „Sie landen um 19.10 Uhr in Tegel und wir holen sie ab“, sagt Bernd Rannoch. Und dann geht’s ins Vereinsheim „zum Partymachen“. „Die werden zwar fix und fertig sein, aber das ist dann alles egal“, sagt Bernd Rannoch.

Juliane Schäuble

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