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Szene aus dem Halbfinale von 2003: Eisbären-Stürmer David Roberts (hinten) im Duell mit Krefelds Christoph Brandner.

© dpa

Vor zehn Jahren: Das Eisbären-Debakel von Krefeld

In der Saison 2002/2003 gingen die Eisbären als großer Titelfavorit in die Play-offs, scheiterten aber überraschend im Halbfinale an den Krefeld Pinguinen. Zehn Jahre später kommt es nun zur Neuauflage des Duells.

Das Ende der Halbfinalserie hatte sich Pierre Pagé anders vorgestellt. Der Trainer Eisbären flüchtete aus der Rheinlandhalle, flog nach Berlin und verschanzte sich dort erst einmal in einem Hotel am Flughafen Tegel. Die Saison 2002/2003 endete katastrophal für die Eisbären. Als großer Favorit auf den Meistertitel in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) waren die Berliner in die Play-offs gestartet und hatten im Viertelfinale ohne Mühe die Hamburg Freezers aus dem Weg geräumt. Das Halbfinale begann mit einem lockeren 4:1-Auftaktsieg gegen Krefeld. Die Pinguine hatten dabei derart wenig Gegenwehr geleistet, dass ein Berliner Spieler spottete, die Profis des Gegners seien gedanklich schon „längst im Urlaub“. 

Drei Spiele und drei Niederlagen später waren die Eisbären im Urlaub. Den Glauben an die eigene Stärke hatte ihnen der Gegner im dritten Play-off-Spiel geraubt, da gewannen die Pinguine gegen wütend stürmende Berliner 1:0 im Wellblechpalast. Das letzte Spiel von Krefeld war dann ein Debakel für die Eisbären, es ging zwar nur 4:1 für die Krefelder aus, aber die Berliner waren in der aufgeheizten Atmosphäre in der übervollen Rheinlandhalle ohne jede Chance. Es war der mutlose Abgang einer Mannschaft, die noch wenige Tage zuvor von der Meisterschaft gesprochen hatte.

Trainer Pagé sagte ein paar Tage später, er habe sein Team nicht mehr erreichen können: „Es war, als ob ich Elefanten über das Eis schubsen musste.“ Manager Peter John Lee verteidigte seinen Trainer und sagte: „Schon vor sechs Wochen hat Pierre die Spieler vor den Play-offs gewarnt und ihnen gesagt, dass sie ihrer Form hinterherlaufen.“

Für die Krefelder hingegen war das Weiterkommen gegen die Eisbären noch längst nicht der Saisonhöhepunkt. In der Finalserie bezwangen sie schließlich den nächsten Favoriten, die Kölner Haie mit 3:2-Siegen. Erstmals seit 1951 (Preußen Krefeld) und 1952 (Krefelder EV) ging der Meistertitel wieder nach Krefeld. Für Butch Goring war die Angelegenheit einfach. „Unbeschwertheit, Selbstbewusstsein und Siegeswillen“ hätten den Erfolg seines Teams ausgemacht, glaubte der damalige Krefelder Trainer. Gorings Konzept unterschied sich doch beträchtlich von den akribischen Planungen, mit denen sein Berliner Kollege Pagé zum Erfolg kommen wollte. Generalstabsmäßig hatten sie bei den Eisbären den Gewinn der Meisterschaft zu kalkulieren versucht. Am Ende triumphierte der lockere Außenseiter aus dem Rheinland, der nach der Hauptrunde noch 31 Punkte hinter den Eisbären gelegen hatte.

NHL-Star Christian Ehrhoff war damals noch ein hoffnungsvolles Talent

Pagé glaubte die Gründe des Krefelder Erfolges erkannt zu haben. „Bei denen hat die Mischung in der Mannschaft gestimmt. Die haben erfahrene Spieler, aber auch viele junge Spieler, die mehr wollen. Robert Müller, Christian Ehrhoff und Christoph Brandner wollen alle in die NHL.“

Müller war der überragende Torhüter jener Saison. Er hatte schon vor der Serie gegen die Berliner recht frech gesagt: „Gut, dass wir auf die Eisbären treffen, die liegen uns.“ Allerdings schaffte es der talentierte Nationaltorhüter nie bis in die National Hockey-League (NHL), er verstarb mit nur 28 Jahren an den Folgen seines Gehirntumors. Brandner spielte immerhin ein Jahr lang in der besten Eishockey-Liga der Welt für die Minnesota Wild. Im Falle Ehrhoff sollte Pagé allerdings völlig richtig liegen. Er gilt als einer der besten Verteidiger der Welt und war in dieser Saison der einzige Krefelder von der Meistermannschaft 2003, der vor zehn Jahren in der Halbfinalserie gegen die Berliner schon auf dem Eis stand. Im Halbfinale dieser Saison, das am Mittwoch in Krefeld beginnt (19.30 Uhr) fehlt Ehrhoff diesmal natürlich - weil er ja nur während des Arbeitskampfes in der NHL, in der Heimat spielen konnte. Dafür steht bei den Pinguinen mit Boris Blank ein Profi auf dem Eis, der 2003 für die Berliner gespielt hat.

Mag die Niederlage für die Eisbären seinerzeit auch bitter gewesen sein, so war sie im Nachhinein nur ein Rückschlag auf dem Weg zur bestimmenden Mannschaft in der Deutschen Eishockey-Liga. Die von Pagé einst aufgebaute und nun von seinem Nachfolger Don Jackson verstärkte und verwaltete Mannschaft gewann seit 2005 sechs nationale Meistertitel - während von der einstigen Euphorie von Krefeld bald nur noch wenig übrig blieb. Nach dem Meistertitel wurde zwar die neue, größere Arena gleich gegenüber der Rheinlandhalle errichtet, aber von einer Wiederholung des Erfolges von 2003 waren die Pinguine seitdem weit entfernt. Die Meistermannschaft zerfiel schon in der Saison danach, die Play-offs erreichten die Pinguine dann schon nicht mehr. 2006 standen sie dann in ihrer neuen Arena wieder in einer Play-off-Serie gegen die Eisbären - und verloren im Viertelfinale.

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