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Sport: Vorfreude, gedämpft

Sponsoren klagen, Stadien werden umbenannt – bei der Planung der WM 2006 läuft nicht alles reibungslos

Berlin. An manchen Tagen bedarf es einer Flut von hübschen Informationen, um unbequeme Nachrichten vergessen zu machen. Immer schneller ratterten in dieser Woche die Meldungen aus den Büros des Organisationskomitees der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 über die Ticker der Nachrichtenagenturen. Franz Beckenbauer (!) und Pelé (!!) werden zur Vorrundenauslosung in einer Woche nach Frankfurt reisen. Michael Schumacher (!!!) und Sting (!!!!) werden die Lose ziehen. Was für ein Fest!

Diese Nachrichten rund um die WM 2006 wirkten wie Aspirin nach einem schweren Kater. Die vergangenen Tage waren nämlich bei weitem nicht so schön. Die letzte Nachricht lautete so: Hannover soll sein Engagement für die WM überdacht und über „viel zu viel Bürokratie und zu viele Vorgaben“ geklagt haben. Bürgermeister Herbert Schmalstieg habe sich vor vier Wochen so auf einer Party geäußert, berichten Insider. Zwar dementierte Hannovers Stadtsprecher daraufhin artig („Wir freuen uns auf die WM“), doch seine Worte wurden relativiert, als Gerd Graus, der Sprecher des Organisationskomitees (OK), mitteilte, dass mit Hannover „alles nicht so schlimm war“ und „wieder im Lot“ sei. Irgendwann war also mal etwas nicht im Lot.

Das wäre der Tiefpunkt gewesen nach all den kleinen WM-Nachrichten, die in der Gesamtheit ein merkwürdiges Stimmungsbild wiedergeben. Vor zwei Wochen beschwerte sich Jürgen Kießling, Sprecher der WM-Bewerberstädte, über den strengen, 150 Seiten umfassenden Rahmenvertrag des Weltverbandes Fifa: „Die haben das clever gemacht. Wenn wir den Vertrag nicht unterschrieben hätten, hätten wir wohl keine Chance gehabt, die WM auszutragen.“ Den Städten seien „in vielen Punkten die Hände gebunden“, sagte Kießling. So gebe es eine Klausel, nach der Fifa-Mitarbeiter für entstehende Schäden in deutschen WM-Domizilen nicht haftbar gemacht werden können. „Das führt nach meinem Rechtsverständnis zu weit.“

Die Organisatoren halten dagegen, dass die WM „Werbung von unschätzbarem Wert“ sei und die Städte durch Touristen Einnahmen verzeichnen werden. Und nicht zu vergessen: Jedes Jahr kämen WM-Münzen auf den Markt, ein Teil gehe an die Städte. Beim Berliner Senat wurde höflich darauf verwiesen, die Stadt nehme durch das Münzprogramm jährlich 150 000 Euro ein. Gewaltig sei das ja nun nicht.

OK-Sprecher Graus mag solche Kommentare genauso wenig wie den Vorwurf, dass die Stadt Berlin von der Fifa für ein ausverkauftes Olympiastadion eher wenig Geld bekomme, nämlich nur um die 200 000 Euro. Graus hält dagegen: „Keine Stadt baut ihr Stadion doch nur für fünf WM-Spiele.“ Doch mit der Walter Bau AG, dem Betreiber des Olympiastadions, könnte es bald Ärger geben. Das Augsburger Unternehmen rechnet für das Frühjahr 2004 „mit einem Batzen an neuen Forderungen der Fifa“. So sei immer noch nicht geklärt, wer die Kosten für das neu aufzubauende Ticketsystem übernehme.

Vor einigen Tagen meldeten sich Sponsoren zu Wort mit der Klage, ihnen werde die Werbung während der WM nicht gerade leicht gemacht: Weil die Fifa die Exklusivrechte verkauft hat, dürfen nur die entsprechenden Lizenznehmer im Stadion werben. Das betrifft schon mal die Namen der Arenen. So werden aus „Rhein-Energie-Stadion“ und „Allianz Arena“ für die Zeit der WM das „Stadion Köln“ und „Stadion München“. Neben den feststehenden 15 internationalen Partnern will das OK sechs nationale Sponsoren präsentieren, die 13 Millionen Euro zahlen sollen. Vier sind erst gefunden. Große Unternehmen wie Bayer wollen nicht investieren, die Lufthansa und deutsche Automobilhersteller können nicht, weil bei der Fifa schon Exklusivpartner aus ihren Branchen unter Vertrag stehen. Und dann meldete der „Spiegel“ auch noch, dass mit Obi und EnBW zwei nationale Sponsoren ihr Engagement überdenken wollen.

Viel Stress ist in Frankfurt zu spüren, nicht nur wegen der Fifa-Tagungen in dieser Woche. Vor vier Tagen meldete „Focus“, den Brüdern Michael und Rainer Kölmel drohe eine Anklage wegen Steuerhinterziehung. Die beiden sind nicht nur Filmhändler, sondern auch Investoren des Leipziger WM-Stadions.

André Görke

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