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Im Regenschein. Usain Bolt jubelt nach seinem Triumph im Sprint. Foto: dpa

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Sport: Vorsichtige Annäherung

Der Hype bleibt aus: Auch nach dem WM-Sieg über 100 Meter sieht sich Usain Bolt Zweiflern gegenüber.

Moskau - Um kurz vor Mitternacht endete das größte Sprintduell des Jahres mit einem Streit über Fußball. Nach all den Doping-Diskussionen, nach der WM-Entscheidung über 100 Meter und nach den großen Jubelszenen auf der Laufbahn saßen Usain Bolt und Justin Gatlin im Presseraum des Moskauer Luschniki-Stadions und frotzelten darüber, wer von beiden besser kicken könne. „Er kann definitiv kein Fußball spielen“, sagte der neue Weltmeister Bolt über seinen geschlagenen Rivalen. Der entgegnete: „Ich komme mal nach Jamaika und trainiere mit dir. Dann werden wir ja sehen.“ Die kleine Anekdote passte zu einem Abend, an dem die bunte Usain-Bolt-Show in die Leichtathletik zurückkehrte. Dadurch wurden die jüngsten Doping-Debatten zwar nicht beendet, aber zumindest verdrängt. Nach seinem hart erkämpften Sieg in 9,77 Sekunden war der Star aus Jamaika wieder der umjubelte Held und der große Entertainer.

Für den Olympiasieger und Weltrekordhalter war es bereits das sechste WM- Gold. Es war auch die Rückeroberung des 100-Meter-Titels, den er 2011 in Daegu wegen seines Fehlstarts verlor. „Ich erledige nur meinen Teil der Arbeit, indem ich schnell laufe, Titel gewinne und der Welt zeige, dass man das auch sauber schaffen kann“, meinte Bolt. Zumindest das glaubte dem 26-Jährigen am Sonntagabend im Luschniki-Stadion nicht jeder.

Denn Usain Bolt und die WM in Moskau – das war bis zu diesem 100-Meter-Finale eher die Geschichte einer vorsichtigen Annäherung und längst kein grenzenloser Hype, wie es ihn noch vor einem Jahr bei den Olympischen Spielen in London gab. Bolt reagierte mit einer Mischung aus Anspannung und Pikiertheit darauf, dass nach den positiven Dopingtests bei Tyson Gay und Asafa Powell auch seine Titel und Rekorde immer misstrauischer gesehen wurden. In Moskau ging er sowohl den Fans als auch den Medien zunächst aus dem Weg. Umgekehrt war auch das Stadion längst nicht ausverkauft, als die Sprinter zum vermeintlichen Höhepunkt der WM antraten.

Kurz nach dem Rennen war das alles vergessen. Bolt stand auf der Ziellinie und machte seine berühmte Bogenschützen-Geste. Er selbst lachte, das Stadion tobte – in diesem Moment war das Thema Doping weit weg. Mit jedem Meter der Ehrenrunde war die Erleichterung bei Bolt zuvor größer und der Jubel der Zuschauer lauter geworden.

„Ich will die Leute von diesen schlechten Dingen ablenken“, sagte er. Auch aus Sicht des Weltverbandes IAAF war die Begeisterung um ihn das Beste, was der Leichtathletik und ihrer völlig auf den Jamaikaner zugeschnittenen Vermarktungsstrategie passieren konnte. „Er kann den Atem von allen anhalten“, sagte das deutsche Council-Mitglied Helmut Digel. „Dieses Finale ist in 160 Ländern übertragen worden. Es war fantastisch, wie acht Läufer die Welt bewegen.“ Zum Thema Doping meinte Digel: Bolt sei „einer von 2000 Athleten, bei dem man nicht genau wissen kann, ob sie sauber oder nicht sauber an den Start gehen. Wie will man das beurteilen?“ Das klang deutlich differenzierter als das ewige „Usain-Bolt-ist-sauber“-Mantra seines Präsidenten Lamine Diack. Digel weiß genau: Die Doping-Diskussion ist nicht aus der Welt, nur weil Bolt auf einmal wieder gefeiert wurde, als ob es die Affäre um Gay und Powell nie gegeben hätte. Fünf Sprinter blieben am Sonntag unter einer Zeit von 10 Sekunden. Dabei hatte es in Strömen geregnet und Namen wie Gay oder der verletzte Titelverteidiger Yohan Blake waren nicht einmal dabei.

Bei allem Misstrauen wird die Usain-Bolt-Show in den nächsten Tagen aber erst einmal weitergehen. Er wird in Moskau auch noch über 200 (Samstag) und 4 x 100 Meter (Sonntag) starten. „Ich arbeite weiter daran, Goldmedaillen zu sammeln“, meinte Bolt. Sollte er diese beiden Rennen ebenfalls gewinnen, würde er Carl Lewis als erfolgreichsten Athleten der WM-Geschichte ablösen. dpa

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