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Glanzloser Abgang. Birgit Prinz hatte sich ihre letzte WM ganz anders vorgestellt.

© dpa

Vorwürfe der Rekordspielerin: Birgit Prinz kritisiert Silvia Neid

Kommunikationsprobleme mit Bundestrainerin Silvia Neid, Demontage durch die Auswechslungen - Birgit Prinz blickt nach dem Ende ihrer ruhmreichen internationalen Karriere auf eine verkorkste WM zurück.

Fußball-Rekordnationalspielerin Birgit Prinz hat eine für sie enttäuschende Bilanz der Heim-WM gezogen und erstmals atmosphärische Störungen zwischen Bundestrainerin Silvia Neid und der Mannschaft offenbart. „Grundsätzlich ist es kommunikativ nicht optimal gelaufen während der WM, sowohl zwischen mir und Silvia als auch an anderer Stelle“, sagte die 33 Jahre ehemalige Spielführerin fünf Tage nach dem bitteren Ausscheiden der deutschen Frauen im Viertelfinale gegen Japan in einem Interview mit der Nachrichtenagentur dpa.

Ob sie im Rückblick die Mühen der WM-Vorbereitung erneut auf sich nehmen würde, bezweifelte sie am Donnerstag. „Mit dem Wissen, das ich jetzt habe und wie es gelaufen ist, würde ich es mir aber sehr gut überlegen. Die WM war neben den positiven Aspekten für mich persönlich ziemlich hart. Wenn ich entscheiden müsste, ob ich mir es noch mal antue, wüsste ich es nicht.“ Ihren Abschied von der internationalen Bühne nach 17 Jahren habe sie sich sicher anders vorgestellt, „es wäre komisch, wenn ich mit den Erwartungen in die WM gegangen wäre. Aber es ist ja jetzt nicht meine ganze Karriere im Eimer“, betonte die Fußball-Ikone, deren Laufbahn nach 214 Länderspielen und 128 Toren auf der Bank zu Ende gegangen war. „Grundsätzlich bin ich mit meiner Karriere sehr zufrieden, nur zum Ende ist es dumm gelaufen.“ Das Verhältnis zu Bundestrainerin Silvia Neid sei zuletzt stark belastet gewesen.

Die Auswechslungen gegen Kanada und besonders beim 1:0 gegen Nigeria (52. Minute) haben an ihr genagt. „Als das Kind erst einmal in den Brunnen gefallen war nach dem Nigeria-Spiel, da haben wir das erste Mal richtig miteinander gesprochen. Das war auch gut“, berichtete Prinz. „Aber im Vorfeld hätten manche Dinge anders laufen müssen, da hätte sie sich klarer zu mir oder klarer gegen mich positionieren müssen. Sie hat sich einerseits zu mir gestellt, aber andererseits durch die Auswechslungen gleichzeitig wieder zum Abschuss freigegeben“, klagte sie.

Das habe auch Unruhe in die ganze Mannschaft getragen, die sich ansonsten untereinander sehr gut verstanden habe. „Theoretisch muss ich mir als Führungsperson klar werden, ob ich mit meiner Führungsmannschaft klarkomme oder nicht. Falls ja, muss ich die so stärken, dass sie auch die Aufgabe erfüllen kann - auch wenn Gegenwind kommt“, sagte sie über die Neid-Behandlung.

Zum Zick-Zack-Kurs der Trainerin, die am Mittwoch nach zuvor geäußerten Rücktrittsgedanken klarstellte, dass sie weitermacht, mochte Prinz nicht viel sagen. „Das ist nicht meine Aufgabe, es zu beurteilen. Ich denke grundsätzlich, dass auch auf 'Silv' viel eingeprasselt ist, womit sie vorher nicht gerechnet hat. Sich direkt zu positionieren, ist dann auch nicht immer ganz einfach“. Grundsätzlich sei sie „eine gute Trainerin“, es sei gut, dass sie weitermache.

Wichtig sei es, nun auch eine Fehleranalyse zu betreiben, und „zu schauen, was bei der WM nicht gut gelaufen ist, wo man lernen muss, Dinge anders zu machen“, sagte sie. Als eine der Ursachen dafür, dass der zweimalige Weltmeister nie seine besten Leistungen zeigen konnte, machte Prinz den falschen Umgang mit den hohen Erwartungen und den absehbaren Medienrummel im Vorfeld der WM verantwortlich.

Darauf seien die Spielerinnen trotz psychologischer Betreuung nie richtig vorbereitet gewesen. „Es gibt dafür viele Gründe, der Druck war einer davon. Das Druckthema ist ja erst eins geworden, nachdem ich es auf der Pressekonferenz angesprochen habe. Vorher hieß es ja intern, etwas überspitzt formuliert: Wir haben keinen Druck, alles ist super“, monierte die dreimalige Weltfußballerin. Man hätte das Thema „früher und offensiver“ angehen müssen. „Es wurde zumindest nicht problemorientiert betrachtet.

Vorher hieß es nur, dass es so eigentlich nicht sein darf.“ Mit dem vom DFB angedeuteten Angebot für ein Abschiedsspiel geht die erfolgreichste deutsche Fußballerin entspannt um. Es sei auf ihrer Prioritätenliste „nicht ganz nach oben gerutscht“, aber: „Wir werden uns da noch mal zusammensetzen. Ich bin sicher, dass es zu keiner Situation wie bei Michael Ballack kommt.“ Ob sie beim 1. FFC Frankfurt noch ein Jahr dranhängt oder ganz aufhört, ist offen. „Das entscheide ich nach der WM. Und die geht ja noch bis Sonntag.“ (dpa)

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