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Sport: Wacklige Medaille

Der Fall Steuer gefährdet die Hoffnungen der DEU

Berlin - Die Unterhaltungssparte im Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) hat in den letzten Tagen leiden müssen. „Es wäre schön, wenn ich mich endlich wieder meiner eigentlichen Arbeit zuwenden könnte“, sagt Reinhard Mirmseker. Der 51 Jahre alte MDR-Unterhaltungschef musste sich zuletzt fast nur noch mit jener Aufgabe beschäftigen, die er im Ehrenamt übernommen hat. Als Präsident der Deutschen Eislauf-Union (DEU) kümmerte er sich um die Auswirkungen des Stasi-Falls Ingo Steuer. Was er tut? „Gespräche, Gespräche, Gespräche.“

Zwar hat er keinen Einfluss darauf, ob der Eiskunstlauftrainer Ingo Steuer bei den Olympischen Spielen in Turin das Paar Aljona Sawtschenko und Robin Szolkowy trainieren wird. Diese Frage wird am Montag in einer öffentlichen Gerichtsverhandlung vor dem Berliner Landgericht entschieden. Das Nationale Olympische Komitee (NOK) hat Widerspruch gegen die Entscheidung eingelegt, dass es Steuer in Turin akkreditieren muss. Das NOK hatte den 39-Jährigen aufgrund seiner Spitzeldienste als „IM Torsten“ für das Ministerium für Staatssicherheit der DDR für Olympia aussortiert. „Wir respektieren die Entscheidung des NOK“, sagt Mirmseker, „das ist jetzt eine Sache zwischen Ingo Steuer und dem NOK.“

Für das deutsche Eiskunstlaufen hingegen ist entscheidend, ob und wie Aljona Sawtschenko und Robin Szolkowy bei den Olympischen Spielen laufen werden. „Er nimmt das alles gelassen“, sagt Sportdirektor Udo Dönsdorf, „sie ist verunsichert.“ Zuletzt äußerte sich Sawtschenko widersprüchlich darüber, ob sie ohne ihren Trainer in Turin antreten werde. „Wir versuchen, die Sportler zu motivieren“, sagt Dönsdorf, „aber wir können nicht ständig mit ihnen reden.“ Beide versuchen zurzeit, normal zu trainieren.

Das Paar ist die einzige Medaillenhoffnung der DEU. „Die Chance ist relativ groß, dass sie eine Medaille gewinnen“, sagt Dönsdorf. Zuletzt ist dies seinem Verband in Nagano 1998 gelungen. Mandy Wötzel holte damals Bronze im Paarlauf mit Ingo Steuer, dessen IM-Tätigkeit für die Stasi noch nicht bekannt war. Die jüngsten Wirrungen um Steuer gefährden nun die Mission. „Klar kann so etwas die Leistung beeinflussen“, sagt Mirmseker. Sein Sportdirektor hofft, dass es genau andersherum sein möge: „Manche Läufer steigern sich erst unter großen Schwierigkeiten.“

Um die jüngst eingebürgerte Aljona Sawtschenko und Robin Szolkowy sollte in Chemnitz ein Stützpunkt aufgebaut werden. Nun besteht aufgrund der ungeklärten Zukunft des Trainers die Gefahr, dass sich das Paar trennen könnte. Der Paarlauf ist die Kernsportart der DEU, die am stärksten gefördert werden soll, weil man dort am schnellsten in die Weltspitze kommt. Sawtschenkos und Szolkowys Erfolge könnten der DEU vermehrt TV-Übertragungszeiten, Sponsoren und Gelder von der Sportförderung bescheren. Gegenwärtig befindet sich der Paarlauf in der Förderstufe vier. Mit einer olympischen Medaille besteht die Chance, in Förderstufe eins oder zwei aufzurücken. „Das wäre eine deutliche Verbesserung“, sagt Dönsdorf, „das würde zehn bis fünfzehn Prozent mehr Mittel bedeuten.“

Eines ist nun klar: Das deutsche Paar wird in Turin Aufsehen erregen – ob mit oder ohne Steuer. Wichtig ist für die DEU allerdings, dass es auftritt. „Sonst wäre es nicht so gut“, sagt Dönsdorf. Und damit hat er noch stark untertrieben.

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