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Sport: Warten auf die Einwechslung

Von den Schwierigkeiten des arbeitslosen Fußballtrainers Jürgen Röber, einen neuen Job zu bekommen

Von Michael Rosentritt

und Klaus Rocca

Berlin. Drei Jahre ist es her, da saß Jürgen Röber gedankenversunken in einem Hotel am Hydepark. Sein damaliger Verein Hertha BSC hatte gerade die Zwischenrunde der Champions League erreicht. London war der Höhepunkt in der Trainerkarriere des Jürgen Röber. Vor ziemlich genau einem Jahr wurde derselbe Trainer nach einem Spiel in Cottbus entlassen. Doch nicht die Niederlage in der Lausitz war der Tiefpunkt in der Trainerkarriere des Jürgen Röber, sondern, dass er seitdem immer noch ohne Beschäftigung ist.

Während in Leverkusen Klaus Toppmöller entlassen und durch den Amateurtrainer Thomas Hörster für die restlichen Saisonspiele ersetzt wurde, ging der 49-jährige Röber vor Kühlungsborn spazieren. Dabei entspräche ein Verein wie Leverkusen seiner Selbsteinschätzung. „Finden Sie nicht?“, sagt Röber, ehe er sich erinnert, dass bei ihm noch keiner von Bayer angerufen hat. Also sagt Röber schnell: „Langsam gehen mir die Spekulationen auf den Senkel. Aber ich kann sie auch nicht verhindern.“ Will er sie denn verhindern? Warum hat ihm seit Monaten kein ernst zu nehmender Verein ein Angebot unterbreitet? „Wie auch“, sagt Röber, „die meisten guten Vereine sind gut und langfristig besetzt.“ Mal abgesehen von Leverkusen. Es konnte ja tatsächlich noch vor einem halben Jahr keiner damit rechnen, dass der Trainer des Jahres 2002 schon so bald entlassen wird. „Wichtig ist, dass die Leute der Branche wissen, dass ich langfristig Leistung bringen kann. Und die wissen auch, dass ich auf dem Markt bin“, sagt Röber.

Leverkusen entschied sich am Dienstag für die kleine Lösung. Obwohl doch einem wie Bayers Manager Reiner Calmund die große vorschweben müsste. Jürgen Röber jedenfalls, der sechs Jahre lang in Berlin arbeitete, wurde nicht angerufen. Und auch nicht sein Übergangsnachfolger Falko Götz. Der war mal kurz als Toppmöller-Nachfolger im Duo mit Otto Rehhagel genannt worden. „Meine Telefonnummer hat man da aber“, sagt Götz. „Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, als ob ich mich dort als Trainer anbieten wolle“, sagt Götz. Bei seinen Spielbeobachtungen arbeitet er für seine eigene Datenbank. „Ich will mich fortbilden und auf dem Laufenden sein.“

Götz wird meist in einem Atemzug mit Röber genannt, wenn irgendwo in der Liga ein Trainer wackelt. Das war auch im Fall des VfL Wolfsburg so, nachdem bekannt geworden war, dass die Amtszeit von Wolfgang Wolf im Sommer enden wird. Über einen Nachfolger ist noch nicht entschieden worden. Und so war es im Fall des 1. FC Kaiserslautern, als im August 2002 Erik Gerets für Andreas Brehme kam. „Das ist es ja“, sagt Röber, „passiert ist in der letzten Zeit recht wenig. Der Toppi ist erst der zweite Trainer, der in dieser Saison entlassen wurde.“ Und er will damit sagen: Es ist schwerer geworden für Trainer, eine lukrative Anstellung zu finden. In Zeiten der Kirch-Krise sparen die Profivereine an allen Ecken. „Heute werden Kündigungen seltener ausgesprochen“, sagt Röber. „Dann sind nämlich üppige Abfindungen fällig, und ein renommierter Neuer kostet ja auch sein Geld.“

Ob das allerdings in Leverkusen eine Rolle gespielt hat, gilt als eher unwahrscheinlich. Auf eine Selbsteinschätzung gebeten, antwortete Jürgen Röber einmal: „Meine Stärke als Trainer ist wohl die, dass ich jeden Spieler etwas besser gemacht habe.“ Reiner Calmund aber setzt anscheinend auf andere Qualitäten. Hörster soll die Spieler mental wieder aufrichten – und zwar schnell.

Vielleicht ist es ja auch so, dass sowohl Röber als auch Götz noch immer als Leichtgewichte in ihrer Sparte wahrgenommen werden. Wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Götz überzeugte in einer Übergangszeit von 13 Spieltagen. Den Nachweis, dass er schwierige Zeiten meistern kann, hat er noch nicht erbringen können. Bei Röber ist es anders. Der führte einen Verein aus der Zweiten Liga in die nationale Spitze, der sich viermal in Folge für einen internationalen Wettbewerb qualifizierte. Röber kam bei den Menschen an. Und er fand sich nach Anlaufschwierigkeiten in Berlin zurecht, der Stadt mit der größten Pressevielfalt Deutschlands. Zwischen 1998 und 2002 war nur Bayerns Trainer Hitzfeld erfolgreicher. Selbst Borussia Dortmund hatte bei ihm mal nachgefragt. Jürgen Röber glaubte, oben angekommen zu sein. Doch im eigenen Verein behielt Skepsis die Oberhand. Die Klubspitze traute ihm einen Titel nicht zu.

Von den prominenten Berufskollegen ist nur Frank Pagelsdorf noch länger arbeitslos als er. „Gleich nach meiner Entlassung habe ich einige Angebote ausgeschlagen“, sagt Röber. „Jetzt bin ich wieder so weit, dass ich etwas tun möchte.“ Fragt sich nur wo.

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