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Sport: Wechselseitig abhängig Wie Nationalmannschaft und Ballack voneinander profitieren

Reinbek. Die Unterkunft liegt idyllisch im Wald und ist weiträumig abgesperrt.

Reinbek. Die Unterkunft liegt idyllisch im Wald und ist weiträumig abgesperrt. Augenzeugen wie der Bremer Fabian Ernst berichten jedoch glaubhaft, es handle sich um „ein schönes Hotel“ mit „super Service und guter Küche“. Rudi Völler mag Häuser, „die ein bisschen kleiner sind“, weil sich die deutschen Fußball-Nationalspieler da ungezwungen bewegen können, „ohne dass die Mitbewohner davon aufschrecken“. Vermutlich hat Michael Ballack also alles richtig gemacht. Anstatt in München zu bleiben, ist er nach Reinbek gereist, wo sich die deutsche Nationalmannschaft zurzeit auf das EM-Qualifikationsspiel gegen Island (Samstag, 17 Uhr, live im ZDF) vorbereitet.

Auch der Fußballplatz im benachbarten Wentorf genügt höchsten Ansprüchen. Davon allerdings hat sich Ballack noch nicht selbst überzeugen können. Als seine Kollegen gestern trainierten, ist er alleine durch den Wald gelaufen. „Die Verletzung ist noch da“, sagt der Nationalspieler vom FC Bayern München. Nichts schwerwiegendes, und überhaupt: „Ich kenn ja die Situation.“ Genau das war zuletzt das Problem. Gerade weil die Situation nicht neu ist, hat Karl-Heinz Rummenigge ausgesprochen, dass es besser wäre, wenn sich Ballack mal richtig auskurieren würde, anstatt wieder den Messias für Deutschland zu spielen. Ballack sagt, dass er auf diese Aussage „ein bisschen gereizt reagiert“ habe. Er hatte dem Vorstandsvorsitzenden des FC Bayern geraten, „nicht so einen Scheiß zu erzählen“. Die Angelegenheit ist inzwischen bereinigt, aber die Aufregung zeigt, welche Bedeutung Ballack inzwischen besitzt – für die Nationalmannschaft ohnehin, aber auch für die Bayern mit all ihren Superstars, bei denen Ballack so etwas wie der Super-Superstar ist. „Er ist zu wichtig, um auf ihn zu verzichten“, sagt Teamchef Rudi Völler. „Sonst hätte er am Samstag nicht gespielt.“ Wenn selbst der FC Bayern ohne Ballack nicht klar kommt, wird Völler das erst recht nicht. Umso schöner ist es, wenn ein solcher Spieler dann mit Vehemenz seinen Anspruch verteidigt, zur Nationalmannschaft zu reisen. Das Wort vom Messias hält Völler zwar für „ein bisschen hoch gegriffen“, andererseits gebe es „immer Spieler, die man gerne dabei hat“. An erster Stelle gilt das für Ballack.

Das Verhältnis zwischen Ballack und der Nationalmannschaft ist längst von wechselseitiger Abhängigkeit geprägt. Die Nationalmannschaft profitiert von Ballack, und Ballack profitiert von der Mannschaft. „Der richtige Sprung zum Weltklassespieler kam sicherlich in der Nationalmannschaft“, sagt Völler. Der Teamchef verweist bei diesem Thema gerne auf die Ausscheidungsspiele gegen die Ukraine vor zwei Jahren, eine Art Erweckungserlebnis für den deutschen Fußball im Allgemeinen und für Michael Ballack im Besonderen. Dass der die Mannschaft dann bei der Weltmeisterschaft ins Finale geschossen hat, „war kein Durchbruch mehr, sondern eine Bestätigung dessen, was er drauf hat“, berichtet Völler.

Besonders auffällig aber war der Wandel in der öffentlichen Wahrnehmung, den der talentierte Herr Ballack während der WM erfahren hat. Vorher galt er als begnadeter Fußballer ohne rechten Kampfgeist, danach als einer, der sich für das Team aufgeopfert hat. Und weil Michael Ballack nicht mehr nur Fußballer ist, sondern auch eine wichtige Werbefigur, sagt er: „Natürlich ist die Nationalmannschaft noch eine Stufe höher als der Vereinsfußball, vor allem vom öffentlichen Interesse her.“ Karl-Heinz Rummenigge wird das gar nicht gerne hören.

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