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Sport: Weißbier, bis der Dampfer kommt

Die Bayern feiern ihren Meistertitel auf dem Rhein – ohne Trainer Felix Magath

Ein kühlender Wind weht durch den Bonner Sportpark Nord. Bei strahlendem Sonnenschein liegt der Geruch von Grillwurst und Kölsch in der Luft. Und auf der Tartanbahn spielt die Band Brings kölsche Gassenhauer. 11 000 Zuschauer schunkeln fröhlich dazu. Bonn feiert an ein Volksfest. Die Zuschauer jubeln, als die Spieler des FC Bayern München endlich aus der Kabine aufs Spielfeld treten, um sich aufzuwärmen für das Freundschaftsspiel gegen den Bonner SC. Einige Spieler sind schwer gezeichnet, dunkle Augenränder zieren ihre Gesichter. Die ausschweifende Feier der 20. deutschen Meisterschaft, eine Schiffstour auf dem Rhein, hat deutliche Spuren hinterlassen. Ein wenig Unmut macht sich breit im Stadion, als bekannt wird, dass Michael Ballack und Oliver Kahn nicht spielen werden. Trainer Felix Magath greift zum Mikrofon: „Alle sind da. Aber einige haben sich in der Nacht, als ich schon schlief, offenbar verletzt. Ich muss sie schonen.“

Die kleinsten unter den Fans genießen diese Ausfälle. Sie bestürmen ihre Lieblinge mit Autogrammwünschen, und wer will, kann so auch die Beliebtheit der einzelnen Fußballprofis abmessen. Lucio, der wuchtige Brasilianer, kann vor dem Anpfiff relativ ungestört zur Bank der Bayern schlendern. Um Michael Ballack herum aber herrscht immer ein Gewimmel wie in einem Bienenstock. Noch während des Spiels schreibt Ballack geduldig Autogramme und ist damit fleißiger als mancher seiner Kollegen auf dem Feld. 1:0 gewinnt der Bonner Oberligist gegen den Deutschen Meister.

So volksnah wie in Bonn präsentierte sich der neue Meister, dem in Kaiserslautern ein 1:1 zur Titelverteidigung gereicht hatte, am Vorabend nicht. Da hatte der Bayern- Tross, in traditionellen bayerischen Trachten gekleidet, am Rheinufer über einen 250 Meter langen, roten Teppich den Party-Dampfer Pure Liner bestiegen. Das Schiff bot reichlich Tanzfläche. Besonders beliebt war ein Platz an der Theke, wo das Gesangs-Sextett Roy Makaay, Martin Demichelis, Claudio Pizarro, Roque Santa Cruz, Valerien Ismael und Philipp Lahm in Anlehnung an den Karnevalshit „Viva Colonia“ immer wieder „Bavaria“ hochleben ließen.

Für viele Spieler endete die Party erst in den Morgenstunden. Die meisten Profis hatten sich ins Kölner Nachtleben verabschiedet. Am Tag danach plauderte Manager Uli Hoeneß über die Feierlichkeiten. Schon auf der Busfahrt von Kaiserslautern nach Köln sei es „ziemlich lustig hergegangen“. So erklärte sich auch, weshalb die dreieinhalbstündige Busfahrt ein erstes Opfer gefunden hatte. Felix Magath musste sich am Vorabend beizeiten verabschieden. „Wir hatten alle nix gegessen. Und da haben wir natürlich alle etwas getankt mit Weißbier und Champagner. Und da Felix seit über einem halben Jahr überhaupt keinen Alkohol getrunken hatte, kann man sich die verheerende Wirkung ausrechnen. Deswegen fühlte er sich nicht in der Lage, unser Fest auf dem Rhein zu begleiten“, erzählte Hoeneß.

Magath selbst äußerte sich nur knapp zu seinem Fehlen: „Ich habe vorgefeiert und es nicht mehr aufs Schiff geschafft. Ich hatte mehr als einen zu viel.“ Uli Hoeneß nahm für das Freundschaftsspiel auf der Ersatzbank Platz und juxte eine Halbzeit lang mit Michael Ballack herum. Beide hatten sich eine Baseballkappe tief ins Gesicht gezogen. Als der Schiedsrichter abpfeift, setzen viele der Profis zu ihrem schnellsten Sprint des Tages an. So entkommen einige den lauernden Autogrammjägern. Als sie später im Bus sitzen, fallen nicht wenigen Profis die Augen zu. Diese Meisterfeier hatte es in sich.

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