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Sport: Wenn der Retter Angst bekommt

Kommt Jäggi, oder kommt er nicht ? Es wird munter weitergeputscht in Kaiserslautern

Von Martin Hägele

Kaiserslautern. Kriegt Rene C. Jäggi noch Angst vor der Unterschrift am Betzenberg? Vor nicht mal einem Jahr hat sich Jürgen Friedrich, der Vorstandsvorsitzende des 1. FC Kaiserslautern, lustig gemacht über jene Kritiker, die dem FCK eine gewaltige Krise und Teamchef Andreas Brehme ein nahes Ende auf der Trainerbank prognostizierten. Diesen Herren, so Friedrich, werde er um diese Zeit Postkarten mit Grüßen aus der Champions-League schreiben. Wenn es bald September wird, soll der ehemalige Profi und gelernte Boutiquenbesitzer einen Nachfolger einführen und sich nach ordentlicher Übergabe der Geschäfte klammheimlich vom Betzenberg machen. Es könnte aber auch sein, dass der Mann in Schimpf und Schande und im Gefolge seiner Vorstands- und Aufsichtsratskollegen aus den Büros des Fritz-Walter-Stadions verjagt wird. So will das der Anführer der Opposition, der Rechtsanwalt Andreas Kirsch.

Es wird also munter weitergeputscht in Deutschlands kleinster Bundesligastadt. Mit dem Rücktritt des Aufsichtsratsvorsitzenden Robert Wieschemann gibt sich die Gruppe „unser FCK“ nicht zufrieden. Laut Kirsch herrsche Einigkeit, dass sich der Klub von Friedrich, Wieschemann, Brehme und Geschäftsführer Herzog möglichst schnell trennen müsse. Und: Es müssten endlich die Fäden einiger Verbindungen gekappt werden. Wie die zwischen Robert Wieschemann und dessen altem Spezi Otto Rehhagel, „aus jener Ecke kommt auch der Jürgen Röber als neuer Trainer“ (Kirsch); die SPD-Schiene zur Regierung in Mainz, auf der einst Herzog, ein Zögling des rheinländisch-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck in den Klub befördert worden war; schließlich das Beziehungsgeflecht um die Firma Rogon. Deren Chef, Roger Wittmann, hatte den Betzenberg geradezu vernetzt mit seinen Profis, angefangen mit Mario Basler, seinem Schwager.

Über zwei Tage lang hatten sich die Kritiker der alten Führungsriege nach diesem Gedankenaustausch in dem Gefühl gewiegt, dass man ohne die Reizfiguren Friedrich, Wieschemann und Herzog das angeschlagene Image reparieren könne. Ganz im Sinne der neuen Zusammenarbeit hat dann Sprecher Kirsch auch reagiert, als der von Wieschemann und dessen Aufsichtsräten ausgeguckte Topmann publik wurde: Rene C. Jäggi, als Vorstandsvorsitzender von Adidas Ende der achtziger Jahren eine der mächtigsten Figuren des Weltsports. Unerfreulich aus dem fränkischen Imperium gekegelt, Karriereknick in der Schweiz abgerundet, wo Präsident Jäggi sowohl Renommee als auch Finanzen des FC Basel korrigierte und nun eine Muster-Arena sowie nach dem Double vom Sommer die beste Schweizer Fußballmannschaft hinterlässt.

Eine solche große Nummer hatten sie Wieschemann und Co. nicht zugetraut. Erst recht nicht dem Interims-Chef des Aufsichtsrats Hubert Kessler, der nach Wieschemanns Demission zum normalen Mitglied des Gremiums nun bis zum 15. Oktober, dem Tag der Generalversammlung, im Klub eine gewisse Bedeutung erlangt. Sofern es überhaupt so weit kommt. Denn nachdem die „FCK-Freunde“ ausgebremst wurden, macht der Kreis um Kirsch erst richtig mobil. Am Montag sollen die von den Gegnern des Betze-Regimes gesammelten 1200 Stimmen überprüft und – innerhalb von vier Wochen – eine außergewöhnliche Mitgliederversammlung einberufen werden. Die Revoluzzer möchten, dass die höchste Instanz des Klubs nicht unter der Regie der seitherigen Bosse tagt. „Sonst können die strategisch planen und gewählt wird dann morgens um drei, wenn nur noch ein paar Leute da sind“, sagt Kirsch. Der will sich heute bei einem Gespräch mit Jäggi austauschen. Die Frage ist, ob der Schweizer überhaupt noch Lust hat auf den Job, der ihn auch in Deutschland wieder zu einer Figur im Rampenlicht machen könnte. Zählt das gegebene Wort, das der in seiner Position weit überforderte Kessler von Jäggi besitzt? Oder kriegt Jäggi (Branchenurteil: „Große Klappe, viel dahinter") doch noch Angst vor der Unterschrift und der Vorstellung, dass diejenigen, die ihn auf den Betzenberg geholt haben, vielleicht schon bald nicht mehr dort sind?

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