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Sport: Wenn der Samstag kommt: Glanz der Technokraten

Wenn Berti Vogts seinen neuen Job als schottischer Nationaltrainer antritt, dann wird er schnell merken, dass sich diese Lebenswende bereits 1978 abgezeichnet hat. In jenem Jahr starteten die Schotten bei der Weltmeisterschaft in Argentinien - in der vollen Überzeugung, das Turnier zu gewinnen.

Wenn Berti Vogts seinen neuen Job als schottischer Nationaltrainer antritt, dann wird er schnell merken, dass sich diese Lebenswende bereits 1978 abgezeichnet hat. In jenem Jahr starteten die Schotten bei der Weltmeisterschaft in Argentinien - in der vollen Überzeugung, das Turnier zu gewinnen. Das Team war durchaus talentiert. Doch es war kein Team. Und so verloren die Schotten gegen Peru, spielten remis gegen den Iran und flogen wieder nach Hause. Im Gepäck hatten sie noch einen 3:2-Sieg über Holland - als Seelentröster zum Abschied.

Wer sagt, 1978 sei das Trauma des schottischen Fußballs, der untertreibt. Der damalige Trainer Ally MacLeod, eine schillernde Figur, bekam Hausverbot in der schottischen Fußball-Szene. Kneipen schmückten sich mit Plakaten "Ally MacLeod war nie in diesem Lokal". Folglich pflegten seine Nachfolger in den Achtzigerjahren einen anderen Stil: Sie waren akribische Zeitgenossen, die wussten, wie sie ihr Team zu organisieren hatten, um ein 1:1 gegen Estland herauszuholen.

Andy Roxburgh und Craig Brown sorgten in den Neunzigerjahren wieder für etwas Glamour. Naja, eigentlich nur für etwas Erfolg. Sie brachten die Schotten in vier von sechs wichtigen Fußball-Endrunden. Seitdem ist die Furcht nicht mehr so groß, wieder die Tiefen der Höhe zu erreichen. Gewiss, Schottlands Spieler sind von anderem Schlag als jene von 1978. Viele sammelten Erfahrungen in Europa. Trotzdem standen beim letzten WM-Qualifikationsspiel gegen Lettland nur drei Schotten im Kader, deren Vereine in der oberen Tabellenhälfte ihrer Ligen stehen. Der bisherige Trainer Craig Brown konnte sich darin bewähren, keine großen Erwartungen zu schüren. Seine ehrlich kämpfende Mannschaft enttäuschte ihn nie mit dem Gegenteil. Sie trifft immer noch nicht ins Tor.

Kevin Keegan hat mal gesagt, ein Team mit 11 Berti Vogts sei nicht zu schlagen. Nun haben sie einen Vogts in Schottland. Einen Vogts, der bei der Europameisterschaft 1996 in England mit Deutschland den Titel gewann. Und der in der Qualifikation für 2004 mit den Schotten gegen sein ehemaliges Team antreten wird. Doch bei all dem Glamour, den diese Konstellation verspricht, bleibt Vogts ein Technokrat. Ist Berti Vogts der Mann, der Schottlands Fußball wieder Spirit und Spontaneität einhauchen kann? Man könnte genauso gut fragen, ob Lothar Matthäus nicht für Frieden im Nahen Osten sorgen kann.

Mike Ticher

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