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Sport: Wenn ein Multimillionär rechnet

Die Dallas Mavericks wollen Dirk Nowitzki aus Versicherungsgründen nicht zur Weltmeisterschaft lassen

Von Matthias Krause

New York. Seit Mark Cuban im Januar 2000 die Dallas Mavericks für 280 Millionen Dollar kaufte, liegt er im Dauerclinch mit den Bossen der Nordamerikanischen Basketball-Liga NBA. Schon über eine Million Dollar musste Cuban, der sein Vermögen im Internetbusiness gemacht hat, als Strafen für Regelverletzungen und Disziplinlosigkeiten auf den Tisch blättern. Allein 500 000 Dollar für den Ausspruch, er würde einen der NBA-Manager nicht einmal anheuern, um eine Filiale der Fastfood-Kette „Dairy Queen“ zu leiten. Er zahlte das Geld - und ließ sich prompt für eine Promotionaktion einspannen und verkaufte bei „Dairy Queen“Softeis.

An diesem Wochenende ist Cuban erneut in die Schlagzeilen geraten, diesmal mit einer Sache, die Dallas’ deutschen Star Dirk Nowitzki die Teilnahme an der WM vom 29. August bis 8. September in Indianapolis kosten könnte. Er werde seinen Spielern die Teilnahme verbieten, weil die NBA offene Versicherungsfragen nicht geklärt habe, verkündete Cuban in „The Dallas Morning News". Betroffen wären der Kanadier Steve Nash, die US-Amerikaner Michael Finley und Raef LaFrentz - sowie die für Deutschland spielenden Shawn Bradley und Nowitzki.

„Die Deutschen konnten keine Versicherung vorlegen, die mich komplett absichert“, sagte Cuban nach Einsichtnahme in das der NBA vom Deutschen Basketball-Bund unterbreitete Versicherungsangebot für Nowitzki und Bradley. Das Restrisiko sei inakzeptabel, befand Cuban. „Wir sind total frustriert“, sagt Wolfgang Brenscheidt, der Sportdirektor des Deutschen Basketball-Bundes (DBB). Fast zwei Monate lang hatte der Verband verhandelt, um eine Lösung zu finden, wie Nowitzki allumfassend versichert werden könne. Der DBB hat angeblich für die Versicherung 70 000 Dollar gezahlt. Roland Geggus , der DBB-Präsident, sagt: „Mehr gab der Versicherungsmarkt nicht her, Nachbesserungen sind nicht möglich.“ Der deutsche Verband habe geschafft, was als unmöglich gegolten habe, sagt Brenscheidt, „und nun das, über Nacht und ohne Rücksprache“. Mit Nowitzki, der Deutschland bei der Europameisterschaft im September 2001 in der Türkei auf Platz vier geführt hatte, darf dem deutschen Team bei der WM ein Platz unter den besten vier zugetraut werden – ohne den 24-Jährigen wäre die Mannschaft von Bundestrainer Henrik Dettmann nur eine unter vielen.

NBA stimmt Nowitzkis Einsatz zu

Mit seiner Sturheit legt Cuban sich gleichzeitig wieder mit der NBA an. Von ihrer Seiten gibt es keinerlei Gründe für ein Spielverbot. „Aus unserer Sicht dürfen die Mavericks ihren Spielern die Teilnahme nicht verbieten“, sagte der stellvertretende NBA-Commissioner Russ Granik. „In unseren Regeln steht, dass der Sportler eine Spielgenehmigung erhalten muss, wenn der Verband eine angemessene Versicherung vorgelegt hat.“ Die NBA hatte Nowitzkis Einsatz bei den Weltmeisterschaften bereits zugestimmt. Doch die Regeln sind Cuban egal, und die Versicherungspolicen mit der NBA gefallen ihm überhaupt nicht. Die rund zehn Jahre alte Vereinbarung berücksichtigt nämlich die sprunghaft gestiegenen Gehälter der Spieler nicht. „Ich bin nicht bereit, Millionen um Millionen Dollar zu riskieren, nur um die Jungs bei der WM spielen zu lassen“, sagt Mark Cuban.

Trainieren, aber nicht spielen

Nach Cubans Hochrechnung könnte er im schlimmsten Fall 285 Millionen Dollar verlieren. Die Rechnung geht so: Jeder Spieler, den Dallas zur WM abstellt, ist so versichert wie in einer NBA-Partie. Das heißt, die Versicherung springt erst ein, wenn ein Spieler mehr als 40 Spiele ausfällt. Dann sind nur 80 Prozent der Bezüge abgedeckt. Im Fall des Karriereendes nach einer Verletzung muss Cuban noch 20 Prozent des Gehalts der verbleibenden Vertragsdauer zahlen. Ein ziemlicher Batzen. Nowitzkis Kontrakt etwa läuft sechs Jahre und garantiert ihm 79 Millionen Dollar. „Rein betriebswirtschaftlich gesehen könnte man schon zu demselben Ergebnis kommen wie Cuban“, sagt Brenscheidt, „aber die emotionale Komponente hat er nicht berücksichtigt.“ Eine schnelle Lösung ist jedoch nicht in Sicht. Auf der Internetseite www.dallasbasketball.com verkündet Cuban, dass er bereits andere Klubbesitzer auf die Versicherungslücken hingewiesen hat. Nach seiner Meinung ist die NBA gefordert: „Wenn sie wollen, dass ich meine Angestellten abstelle, sollen sie sie auch ordentlich versichern."

Geggus und seine Kollgen können jetzt „nur noch abwarten. Wir sind an die Grenzen des Machbaren gestoßen.“ Das Verhältnis des Verbands zu den Mavericks sei gut, aber weil von einem möglichen WM-Verbot nicht nur deutsche Spieler betroffen seien, habe das Ganze eine andere Dimension erreicht. Jetzt sei die NBA gefordert, mit Cuban zu verhandeln. „Die WM ist wichtig für die Sportart Basketball, und ich denke nicht, dass die NBA ein Interesse hat, die Veranstaltung an die Wand zu fahren“, sagt Geggus.

Dirk Nowitzki, der nach ausgeheilter Knöchelverletzung unbedingt bei der Weltmeisterschaft für Deutschland spielen will, stieß trotz aller Probleme gestern zur Nationalmannschaft. Er soll heute auch an einem Empfang bei Bundeskanzler Gerhard Schröder im Berliner Kanzleramt teilnehmen. Mit der Mannschaft trainieren darf er, spielen vor Publikum nicht. Eigentlich sollte er beim Supercup vom 15. bis 17. August in Bremen auflaufen, doch Cuban und die NBA müssten sich bis dahin geeinigt haben. Ob das realistisch ist, wagt niemand zu prognostizieren, der den Multimillionär näher kennt. Vielleicht zieht es Marc Cuban ja vor, mal wieder Strafe zu zahlen.

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