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Wer darf vorn bleiben? Aufsichtsratschef Niki Lauda (links) und Teamchef Ross Brawn sind sich häufiger mal uneins. Foto: dpa

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Sport: Wer ist hier der Boss?

Nicht nur beim Thema Stallorder wirkt bei Mercedes vieles undurchsichtig.

Schanghai - Es ist genau ein Jahr her, da jubelte man bei Mercedes in Schanghai über den ersten Sieg der Silberpfeile in der Neuzeit der Formel 1. Nico Rosberg erlöste die Mercedes-Führung mit dem ersten Triumph seit dem Wiedereinstieg des Konzerns Anfang 2010. Für den damaligen Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug war es das Signal zum Durchstarten. Es wurde eher das Gegenteil: Nach schwachen Ergebnissen wurde am Ende des Jahres nicht nur Michael Schumacher gegen Lewis Hamilton ausgetauscht, auch Haug musste seinen Stuhl räumen.

Inzwischen hat Mercedes eine neue Führungsmannschaft und auch ein vielversprechendes Auto, mit dem man auch beim Rennen in China wahrscheinlich zumindest wieder um Podestplätze mitkämpfen kann. Und trotzdem will einfach keine Ruhe einkehren in das Team mit dem Stern. Vor allem, weil sich die neue Führungsspitze mit ihren drei Alphatieren anscheinend des Öfteren nicht auf eine gemeinsame Linie einigen kann. Wie weit die Meinungen mitunter auseinanderliegen, lässt sich wunderbar an den Nachwehen der Stallorder erkennen, die den schnelleren Nico Rosberg in Malaysia hinter Lewis Hamilton zu bleiben zwang.

Schon direkt nach dem Rennen fragte Niki Lauda, der neue Aufsichtsratschef des Mercedes-Teams, den neuen Motorsport-Chef Toto Wolff vor laufenden Kameras, was das solle und ob er das für richtig halte. Wolff hatte die Argumente von Teamchef Ross Brawn übernommen, wonach beide Fahrer wegen Spritproblemen ihre Fahrweise drosseln sollten. Dies jedoch dementierte Rosberg.

Vor dem Rennen in China (Qualifikation heute 8.00 MEZ/live bei Sky und RTL) erklärte nun wiederum Brawn, er sei sich sicher, dass er neben Wolff auch Lauda von der Notwendigkeit der Stallorder überzeugt habe. Wolff berichtete kurz darauf, er halte die Red-Bull-Einstellung, in Zukunft auf Stallorder zu verzichten, für „Augenwischerei“. Und Lauda? Der erzählt am Freitag in China seinem Haussender RTL, die Mercedes-Piloten sollten künftig „jeder für sich ihre Rennen fahren. Es gibt bei uns keine Teamorder im wahrsten Sinne des Wortes, außer im letzten Rennen, wenn es darum gehen soll, dass ein Dritter uns die Weltmeisterschaft wegschnappt.“ Durch das Stallorder-Thema hat sich Teamchef Brawn nun auch bei Lauda unbeliebt gemacht. Wolff will den Briten am Ende des Jahres ohnehin durch den bisherigen McLaren-Technikchef Paddy Lowe ersetzen. Andererseits können auch die beiden Österreicher nicht verleugnen: Wenn das 2013er-Auto gut ist, dann ist das vor allem das Verdienst von Brawn.

Das vielstimmige Triumvirat neigt auch sonst zu komplizierten Konstruktionen, die nicht immer leicht mit den strengen Mercedes-Richtlinien in Einklang zu bringen sind. Da ist etwa die Doppelfunktion von Lauda mit seinem Nebenjob bei RTL und die Tatsache, dass Wolff immer noch Mitbesitzer von Williams ist. Dort etablierte Wolff seine Frau Susie als Testfahrerin und Beraterin der neuen Co-Teamchefin Claire Williams. Im Fahrerlager kursieren deshalb schon Gerüchte, er wolle seine Williams-Anteile einfach seiner Frau verkaufen. Wolff selbst sagt nichts dazu, hat aber bereits zugegeben, dass die Situation nicht optimal sei.

Ebenfalls bemerkenswert ist die enge Verbindung von Laudas Sohn Lukas zum neuen Mercedes-DTM-Piloten Daniel Juncadella. Der Spanier soll offenbar mittelfristig zum Ersatzfahrer für das Formel-1-Team aufgebaut werden. Doch die Formulierung, Lauda junior sei Juncadellas Manager, verbittet man sich bei Mercedes ganz entschieden. Offiziell heißt es, der Sohn des Aufsichtsratschefs beteilige sich nur an der Sponsorensuche.

Doch Niki Lauda gefiel es gar nicht, dass dieses Thema publik wurde. Der Enthüller der Information, ein langjähriger Formel-1-Journalist, hat seitdem in der Mercedes-Teamzentrale an der Strecke Hausverbot. Ausgesprochen hat es Lauda, der doch angeblich bei Mercedes gar keine operative Funktion hat. Doch über Laudas genaue Funktion herrscht eben bisweilen Rätselraten. Zu Saisonbeginn saß der dreimalige Weltmeister so oft beim Konkurrenten Red Bull am Kaffeetisch, dass Red Bull-Teamchef Christian Horner lästerte: „Wir sollten mal Kaffeegeld von dir verlangen.“ Laudas Antwort: „Ich bin aber als RTL-Mann hier, nicht als Mercedes-Vertreter. Oder geht man bei euch so mit Journalisten um?“ Karin Sturm

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