zum Hauptinhalt
Diego

© dpa

Werder Bremen: Die Reue nach dem Ausraster

Diego gibt sich nach seinem Platzverweis schuldbewusst – fehlen wird er den Bremern trotzdem.

Auch am heutigen Montag ist noch trainingsfrei bei Werder Bremen. Das Ausscheiden aus dem DFB-Pokal macht die Auszeit möglich. Viel Zeit für die Fußballprofis, ihren Freizeitbeschäftigungen nachzugehen. Diego Ribas da Cunha wird vermutlich das tun, was er immer tut: Stundenlang hockt der 22-Jährige dann vor seinem Computer und der Webcam und redet mit seiner Mutter im fernen Riberaio Preto. Die Mutter spendet aus der Heimat Trost, wenn es dem ballverliebten Sohn mal nicht so gut geht. Dass Diego traurig ist, war schon am Samstag in der Frankfurter Arena zu besichtigen.

Der Brasilianer wirkte ernüchtert, traurig und getroffen. Bereitwillig rechtfertigte sich der Spielmacher nach der 0:1-Niederlage bei Eintracht Frankfurt für seine Entgleisung, die kurz vor der Pause mit der roten Karte geahndet wurde. „Ich bin bis jetzt fast immer fair von den Gegenspielern und Schiris behandelt worden. Aber hier wurde ich von Anfang an provoziert, vor allem von diesem Spieler“, ließ Diego seinen Dolmetscher sagen. Ein nicht geahndetes Foul von Sotirios Kyrgiakos mit anschließender provokanter Geste hatte dazu geführt, dass der kleine Brasilianer den groß gewachsenen Griechen per Bodycheck anging. Diego bat um Entschuldigung und erläuterte seine Verfehlung: „Er hat zu mir gesagt: ,Stand up, fuck you!‘ Dabei habe ich nicht reklamiert. Der hat sich auch noch theatralisch fallen lassen, als ob er sterben würde.“ Derart deutliche Worte sind selten bei Diego. Und er suchte auch gar nicht nach Ausflüchten: „Ich habe die Nerven verloren. Ich bin kein Heiliger!“

Wenn heute der DFB-Kontrollausschuss tagt, hat Schiedsrichter Helmut Fleischer seinen Bericht längst verfasst. Darin wird stehen, was der Schiedsrichter nur aus dem Augenwinkel, aber sein Assistent Sönke Glindemann genau gesehen hat: „Der Spieler Diego hat nach einem kurzen Wortgefecht seinen Gegenspieler die Schulter in den Brustbereich gerammt.“ Eine klare Tätlichkeit also, die mindestens drei Wochen Sperre nach sich zieht.

Der SV Werder Bremen wird die Strafe wohl oder übel akzeptieren, nicht aber die Begleitumstände. Denn wie bei seiner Auswechslung wegen Rotgefahr im Spiel bei Borussia Dortmund oder seiner gelb-roten Karte in der Champions- League-Begegnung bei Lazio Rom wegen eines Frusttrittes in eine Werbebande verlor Diego nach körperlichen und verbalen Attacken die Beherrschung. „Im Idealfall muss er ein noch dickeres Fell bekommen. Aber die Schiedsrichter schützen ihn nicht, wie es sein sollte. Irgendwann reagiert der Spieler nicht mehr so clever – er ist kein Roboter“, sagte Werders Sportdirektor Klaus Allofs, der auch die ständigen Pfiffe gegen Diego kritisierte. Warum wurde in Frankfurt ausgerechnet der filigranste Spieler auf dem Platz von Beginn an ausgepfiffen und ausgebuht? Trainer Thomas Schaaf führt das auf die Verbalattacke von Mark van Bommel zurück. Der Profi des FC Bayern München hatte Diego vor kurzem der Fallsucht bezichtigt.

Dass der torgefährliche Mittelfeldspieler nun in den schwierigen Partien gegen Borussia Dortmund und beim VfB Stuttgart fehlt, stört Schaaf angeblich weniger, zumal sein Team ohne Diego gegen die Eintracht deutlich zwingender agierte als mit ihm. „Damit müssen wir jetzt leben“, sagte Schaaf. „Erstens haben wir noch ein paar mehr Spieltage, zweitens haben wir diese Situation schon einmal gelöst.“ In der Champions League war das gegen Real Madrid, als den Bremern ohne Diego ein furioses 3:2 gelang.

Vor allem auf den in Frankfurt schmerzlich vermissten Daniel Jensen (Gelbsperre) kommt nun die Aufgabe zu, Diego in der zentralen Rolle zu ersetzen. Der Däne spielt anders, aber in dieser Saison kaum minder effektiv als der Brasilianer. Diego selbst kündigte an, während seiner Auszeit noch härter und intensiver trainieren zu wollen. Will er denn die Zwangspause gar nicht nutzen, um seine latenten Schambeinprobleme auszukurieren? Nein, sagte er am Samstag sehr bestimmt, „körperlich fühle ich mich so stark wie nie zuvor“. Vermutlich hat seine Mutter die beruhigenden Worte auch schon vernommen.

Frank Hellman

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false