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Zerreißt euch! Torsten Frings fordert von seinen Bremer Kollegen mehr Einsatz.

© dpa

Werder vor dem wichtigen Champions-League-Spiel: Und plötzlich hakt es in der Bremer Offensive

Werder Bremen wankt vor dem wichtigen Champions-League-Spiel gegen Enschede. Der gesamte Kader wirkt irgendwie unfertig, wie im Umbau.

Mikael Silvestre hat in seinen ersten Wochen an der Weser gerne die Geschichte erzählt, dass er ein Anhänger der indischen Ayurveda-Medizin ist. Dazu zählt der Franzose den regelmäßigen Genuss von grünem Tee und warmem Wasser. Fast zwei Liter trinke er nach Belastungen, um besser zu regenerieren. „Seit acht Jahren mache ich das, es tut meinem Körper gut.“

Was sich im Spätsommer bei seiner Verpflichtung noch gut anhörte, hat sich im Herbst beim SV Werder schlecht entwickelt. Der 33-Jährige wirkt trotz der speziellen Eigentherapie wie ein überforderter alter Mann. Sogar Sportchef Klaus Allofs, der den Blitztransfer des ablösefreien Linksverteidigers einfädelte, rückt vor dem wegweisenden Heimspiel am Dienstag gegen Twente Enschede (20.45 Uhr, live bei Sky) von seinem Problemfall ab. „Er spielt ganz weit unter seinen Möglichkeiten“, gesteht Allofs.

Doch wer die Bremer Probleme nur auf die Dauerbaustelle links hinten in der Viererkette reduziert, begeht einen groben Fehler. Im Grunde wirkt der gesamte Kader irgendwie unfertig wie die im Umbau befindliche Ostkurve, die im März nächsten Jahres bezugsfertig sein soll. Ob dann Werders treueste Anhänger noch internationale Spiele begutachten können? Zweifel sind erlaubt: In der Liga hinken die Bremer hinterher, im Pokal sind sie unlängst in München unglücklich ausgeschieden, in der Champions League stehen erst zwei Punkte. „Wenn wir so spielen wie in der ersten halben Stunde gegen Nürnberg, dann mache ich mir keine Sorgen“, erklärt Allofs. „Ein neues Spiel ist immer auch eine neue Chance“, ergänzt Schaaf. Doch das sind fast schon fatalistische Aussagen, weil die Bremer Baumeister längst einräumen, dass sie das Grundproblem ja nicht in den Griff bekommen: die gewaltigen Leistungsschwankungen einzudämmen. „Wir schaffen es nur vorübergehend, die Mannschaft an die Leistungsgrenze zu bringen“, gibt Allofs zu. Und Schaaf stößt seit geraumer Zeit irgendwie auf taube Ohren, wenn er an die volle Leistungsbereitschaft appelliert. Denn warum spricht sein Kapitän Torsten Frings davon, dass seine Kollegen „einfach zu sorglos mit der ganzen Situation umgehen“? Die fehlende Einheit wird traditionell in der mangelhaften Rückwärtsbewegung offensichtlich – frappierend aber, dass die Grün-Weißen auch im Vorwärtsspiel mittlerweile oft farblos daherkommen. Trotz der individuellen Qualität von Pizarro, Marin, Arnautovic oder Hunt fehlen die Automatismen, was seine Ursache in der Abkehr vom gewohnten 4-4-2-System unter Schaafs Anleitung haben kann. Werder hat mit seiner Mittelfeldraute auch deshalb Jahr für Jahr glänzen können, weil in Micoud, Diego und zuletzt Özil immer ein besonders begabter Stratege die Regieanweisungen gab. In der neuen 4-2-3-1-Formation ist diese Position mit dem unabwendbaren Özil-Verkauf im Grunde abgeschafft – zuletzt war Pizarro als hängende Spitze unterwegs. Schaaf wirkt derzeit wie ein Suchender, der auf viele Fragen noch nicht die passenden Antworten parat hält. Einen Trost liefert immerhin die Historie. Auch wenn sich Werder zuletzt dreimal in Folge in der Champions League nicht fürs Achtelfinale qualifizierte, so langte es doch immer am Ende irgendwie zum dritten Rang in der Gruppe und damit zum Weiterspielen im damaligen Uefa-Cup.

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