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Der Kämpfer im Wasser. Thomas Lurz, Deutschlands Medaillen-Hoffnung im Serpentine Lake.

© dapd

Wettkampf des Tages: Vorbei an toten Schildkröten

Freiwasserschwimmer Thomas Lurz hat schon alles gewonnen – nur noch kein olympisches Gold. Das will er heute im Serpentine Lake gewinnen.

Es gibt viele Geschichten, die zeigen, wie der Freiwasserschwimmer Thomas Lurz tickt. Eine der beeindruckendsten geht so: Freiwasser-WM 2008 in Sevilla, das Zehn-Kilometer-Rennen im Mittelmeer. Nach fünf Kilometern hielt Stefan Lurz, der Trainer, für seinen Bruder an einer langen Stange einen Becher mit einer speziellen Kraftbrühe über die Wellen. Thomas Lurz brauchte jetzt diese Brühe, sein ausgezehrter Körper benötigte die Kalorien, seine Muskeln brannten, sein Magen schmerzte, und er hatte noch die Hälfte der Strecke vor sich. Lurz hatte den Becher gerade umklammert, als ihm ein Rivale, aus Versehen, die Brühe aus der Hand schlug. Da wusste Lurz, dass die restlichen fünf Kilometer nur noch aus Qualen bestehen würden. Als er aus dem Wasser stieg, sagte Stefan Lurz, „sah er aus wie eine Leiche“. Aber Thomas Lurz hatte Bronze gewonnen. Zwei Tage später wurde er Weltmeister über fünf Kilometer.

Video: Thomas Lurz – die letzte Chance des DSV

Kurzbahn-Weltmeister Thomas Rupprath hat mal gesagt: „Der Thomas Lurz ist der größte Kämpfer, den wir haben.“ Deshalb ist der 32-jährige Würzburger auch zu zehn WM-Titeln, 25 internationalen Medaillen und 26 deutschen Meister-Titeln gekommen. Und zu olympischer Bronze in Peking 2008.

Nur ein Titel fehlt ihm noch, und den will er sich heute im Serpentine Lake holen. „Ich will Gold“, sagt Thomas Lurz. „Dafür würde ich gerne ein paar WM-Medaillen eintauschen.“

Die deutschen Medaillengewinner

Der Serpentine Lake liegt malerisch im Hyde Park. Am Ufer stehen mächtige Bäume, auf dem glatten Wasser gleiten hoheitsvoll Schwäne. Für Lurz ist das wie ein Aufenthalt im Fünf-Sterne-Hotel. Er hat ja deshalb diese extrem gute Bilanz, weil er die Regeln und Gesetze eines Freiwasser-Schwimmers verinnerlicht hat. Diese Gesetze lauten, grob gesagt: Gut ist alles, was hart macht. In New York etwa hatten die Veranstalter für Lurz als Unterkunft ein sieben Quadratmeter großes Zimmer in einer Jugendherberge gebucht. Ein Zimmer mit Stockbett. Lurz zog ins Hotel, natürlich auf eigene Kosten.

Und das ist noch nichts gegen die Rennen selber. Ihm schwappte schon alles entgegen. Tote Fische, tote Schildkröten, Fäkalien, Müll. Wenn sie beim Weltcup in Dubai starten, erreichen Lurz und seine Kollegen das Wasser erst nach einer mehrstündigen Busfahrt durch die Wüste. In Kanada zuckelten die Athleten mal sechs Stunden durch die Wildnis, bis sie am Ziel waren. Und dann war da noch dieses Erlebnis im April 2011 am Strand von Santos in Brasilien. Thomas Lurz hatte gerade den Weltcup über zehn Kilometer gewonnen, er schaute hinaus aufs Meer, auf dem 2,5 Kilometer langen Rundkurs. Auf den Wellen, genau im Wettkampfkurs, schaukelten Holzpaletten mit rostigen Nägeln. Im Wasser hätte Lurz sie mit Sicherheit nicht gesehen. Und wenn er Pech gehabt hätte, dann hätte er beim Kraulzug in rostige Nägel gegriffen.

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