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Wachhund. Oliver Kahn lässt den Pokal nicht mehr aus den Augen.

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Wie die kommende SPORT-Woche wird: Heimatlos und ohne Nase

Benjamin Apitius blickt mit einem heimatlosen Berlin-Besucher voraus auf die kommende Sportwoche. Der beste Freund des beliebten Gasts ist übrigens ein gewisser Michel Platini.

Von Benjamin Apitius

Asyl mit Ohren

Liebe Menschen, die Welt, sie hat ja die eigenartigsten Züge angenommen. Da kommt am Montag nun Besuch nach Berlin, und er wird empfangen, wie eigentlich niemand sonst, der die Hauptstadt erreicht und erst mal bleiben will. Feierliche Zeremonie im Rathaus, Gästebucheintrag seines besten Freundes (ein gewisser Michel Platini), Treffen mit Michael Müller. Und der Regierende Bürgermeister von Berlin wird sich bücken müssen, hoffentlich holt er sich keinen Hexenschuss, wenn er den nur 62 Zentimeter großen Gast an seinen Ohren hochheben wird und ihm zuflüstert, wie schön er doch sei. Ganz aus Silber, Ohren zwar, aber keine Nase, keinen Mund. Sie denken an einen Roboter? Wäre ja noch halbwegs angemessen, aber all der Aufwand gebührt einem Pokal. Ja, richtig gelesen: einem Pokal! Doch auch eine Champions-League-Trophäe wird irgendwann wieder abgewiesen, genauer gesagt, am sechsten Juni nach dem Finale im Olympiastadion.

Pokal beim Pokal

Doch bis dahin soll dieser Pokal noch einiges erleben in Berlin, ein Programm der guten Laune ist geplant, alles aufs Haus. Er soll die tollsten und wichtigsten Menschen der Stadt treffen, U-Bahn fahren und Boot, ja sogar im Trabi wird man ihn durch die Stadt brausen sehen. Warum das alles? Keine Ahnung. Fragen Sie da mal lieber seinen besten Freund oder gerne auch bei Michael Müller nach. Vielleicht aber nutzt der Pokal ja einen günstigen Augenblick und setzt sich ab, trifft sich zum Beispiel am kommenden Dienstag lieber mit dem DFB-Pokal und schaut in München das Halbfinale zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund (20.15 Uhr, live in der ARD).

Inkognito

Und wenn ein gewisser Michel Platini gerade bei der Pokalbehörde vorstellig werden muss, hat der Gesuchte München schon längst wieder verlassen und sitzt am Mittwoch mit angeklebtem Schnurrbart im Zug Richtung Mannheim. Warum denn auch immer nur Fußball? Heute schauen die Ohren mal Handball: Deutschland empfängt in der EM-Qualifikation Spanien (18 Uhr, live in der ARD). Oder doch lieber weiter nach Berlin, zum Wellblechpalast, wo abends die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft ihren letzten WM-Test gegen Slowenien bestreitet (Beginn 19.30 Uhr)? Nein, zu gefährlich.

Auf frischer Tat

Und während ein gewisser Michael Preetz im Verhörzimmer zum tausendsten Mal beteuert, er habe den Pokal in den vergangenen Tagen wirklich nicht gesehen, wirklich nicht, wirklich nicht, warum sollte er ihn denn auch stehlen, er würde ihn ja eh bald gewinnen, macht sich der Entflohene gerade schick für sein Rendezvous. Freitagabend ist Finalabend, er geht mit dem Frauen-DFB-Pokal zum Endspiel in Köln: Turbine Potsdam gegen den VfL Wolfsburg (17.15 Uhr, live in der ARD). Doch dass er dort von DFB-Präsident Wolfgang Niersbach gestellt und überwältigt wird, damit hatte der Pokal nun wirklich nicht gerechnet.

Gefesselt und geknebelt

Und so ist es ihm auch nicht möglich, am Sonnabend in Prag doch noch Eishockey zu schauen, WM-Auftakt der Deutschen gegen Frankreich (16.15 Uhr, live bei Sport 1), oder Wasserball, Spandau in der Champions League bei Dubrovnik (Beginn 17 Uhr). Stattdessen wird er gefesselt und geknebelt in einen Trabi gesetzt, soll freundlich winken mit den Ohren am Brandenburger Tor, sich anglotzen lassen, hin und her schieben lassen, fühlt sich unfrei und vom Heimweh zerfressen. Doch wo gehört der Pokal denn eigentlich hin? Ein Heimatloser, aus purem Silber, 62 Zentimeter groß, zwar Ohren, aber keine Nase, keinen Mund, er muss ja ausharren bis zum sechsten Juni.

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